kommentar: forensik belastet
: Dauerhafter Ausnahmezustand

Irgendwie hat man sich daran gewöhnt, an die schlechten Nachrichten über die Forensik. Sei es der Widerstand der örtlichen Bevölkerung gegen Neubauten, seien es die Klinken, die chronisch überbelegt sind.

So ist es kein Wunder, dass der Gerichtsbeschluss des Oberlandesgerichts Hamm, wonach veruteilte psychisch kranke Straftäter freigelassen werden müssen, wenn für sie keine Therapieplätze in einer forensischen Klinik zur Verfügung stehen, von offizieller Seite unter Verschluss gehalten wurde. Schlechte Presse können sowohl die Landschaftsverbände als Betreiber wie auch das federführende Gesundheitsministerium nicht gebrauchen.

Jetzt, da der Beschluss bekannt wurde, ist der Aufschrei groß. Forensik-Gegner nutzen den Gerichtsentscheid, um in der Bevölkerung für Verunsicherung und Panik zu sorgen – natürlich werden die Verantwortlichen wohl kaum hingehen und psychisch kranke Straftäter freilassen, nur weil kein Platz da ist. Das Vertrauen der Bevölkerung werden sie durch eine derart undurchsichtige Informationspolitik aber nicht zurückgewinnen.

Die Ursachen liegen tiefer: Die neuen Kliniken mit ihren 470 Plätzen sollen im Jahr 2009 fertig gestellt sein. Schon jetzt fehlen rund 600 Therapieplätze – Tendenz steigend. Eine angemessene Betreuung der Insassen ist unter diesen Voraussetzungen nicht möglich. Die Belastungen für Personal und Bevölkerung steigen. Eine eindeutigere Informationspolitik könnte zumindest für etwas mehr Verständnis in diesem sensiblen Thema sorgen. HOLGER PAULER