Nur Hammer-Arien

Mitreißend und denkwürdig: Die Capella St.Martini führte Mendelssohn Bartholdys „Elias“ in Lesum auf

Ein Riesenwerk dieser „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy: der inhaltlichen und technischen Überdimensionalität entsprechen die interpretatorischen Ansprüche. Die biblische Geschichte vom Propheten Elias, der wegen seines intoleranten Gottesauftrages („Tötet die Baalspriester“) zusammenbricht, in die Wüste geht und seine Visionen neu ordnet, gestaltet 1846 der Komponist für den Chor auf einer dramatischen, einer epischen, einer reflektierenden und symbolischen Ebene. Das Vorbild Johann Sebastian Bachs ist unüberhörbar. Die erforderlichen klanglichen Unterschiede waren in der Aufführung der Capella St.Martini in Lesum unter der Leitung von Hans Dieter Renken bestens und mit nicht nachlassender Kraft zu hören.

Trotz der enormen Ansprüche an den Chor steht und fällt jede Elias-Aufführung auch mit den SolistInnen, besonders mit dem Sänger des Elias. Hier ist von einer kleinen Sensation zu berichten: Christfried Briebrach, der übrigens kurzfristig einsprang, gelang mit einer Fülle von Klangdifferenzierungen und spontan wirkenden Ausdrucksgesten ein unter die Haut gehendes Porträt des Wundertäters, dann des gnadenlosen Verfolgers und endlich des einsam Resignierenden. Gegensätze wie die „Hammerarie“ und die „Wüstenarie“ in einer einzigen Person gibt es kaum in der Opernliteratur.

Die Altistin Shirin Partowi stand ihm kaum nach in ihrem fast szenischen Gestaltungswillen: Sie ist die Königin, die zur Tötung Elias’ aufruft, aber auch der Engel, der Elias Trost zusagt. Eindrucksvoll sang auch Danuta Dulska die Sopranpartien. Der klangschöne Tenor Jörn Lindemann wirkte für diese Besetzung fast zu leicht: In seiner letzten Arie wurde er fast überdeckt, was nicht unbedingt seine Schuld ist.

Viel wird auch dem Orchester abverlangt: Die Kammersinfonie Bremen ließ nach anfänglichen Zähigkeiten im Laufe der Aufführung kaum Wünsche offen, mitreißend gelangen die Gestaltung der Naturelemente wie Regen, Feuer, Erdbeben und Sturm. Es war eine denkwürdige Aufführung, die die autobiographischen Aspekte des als Kind getauften Juden Felix wieder in Erinnerung rief, fragen ließ, was die Einsamkeit Elias’ vielleicht mit dem amtsmüden Mendelssohn zu tun hat, der ein Jahr später mit 38 Jahren starb. Anhaltender Beifall in der überfüllten Kirche. Ute Schalz-Laurenze