Die Geister, die ich rief…

Krach im Amt für Soziale Dienste: Amtsleiter Jürgen Hartwig soll für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt werden, aber der Personalrat kann dem „unmöglich“ zustimmen. Doch er will Hartwig auch nicht ablehnen. Die Senatorin ist sauer

Bremen taz ■ Im Amt für Soziale Dienste (AfSD) kracht es. Diesmal steht der Chef im Mittelpunkt. Jürgen Hartwig ist seit fünf Jahren Leiter des AfSD. Das bremische Beamtengesetz will, dass bei Spitzenpositionen nach dieser Zeit überprüft werde, ob die Stelle richtig besetzt sei. Ja, findet Hartwigs Chefin, die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales Karin Röpke (SPD) und hat beantragt, Hartwig für weitere fünf Jahre als AfSD-Chef wirken zu lassen. Der Personalrat soll dem zustimmen, dann beschließt der Senat die Causa Hartwig.

Doch der Personalrat will nicht zustimmen. Skurril aber ist, dass er Hartwig auch nicht ablehnen will. Die Situation im Amt habe es dem Personalrat „unmöglich gemacht, eine Zustimmung auszusprechen“, heißt es in einem Info-Blatt an alle Beschäftigten, das letzten Freitag die Runde machte. Das Klima im AfSD sei „saumäßig“, sagen Mitarbeiter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten. Dass die Mitarbeiter überlastet seien, dass nur noch auf Krisen reagiert, aber kaum mehr präventiv gearbeitet werden könne, ist Kritik, die der Personalrat seit langem auch öffentlich äußert (taz berichtete mehrfach).

All das muss nicht an Jürgen Hartwig liegen – es ist politischer Wille, dass das AfSD umstrukturiert wurde, dass die Sozialzentren Budgets einhalten sollen, die mit realen Bedarfen wenig zu tun haben und dass zudem noch der Personalentwicklungsplan (PEP) auch das Sozialressort zu Stelleneinsparungen zwingt. „Ob überhaupt ein Amtsleiter eine Chance hätte, es besser zu machen, ist eine schwierige Frage“, sagt denn auch Personalrat Rainer Müller. Wer sich im Amt umhört, hört aber auch Kritik an der Person Hartwig: Zu sehr Vollstrecker der Politik sei er, zu wenig setze er ihr fachliche Einwände entgegen, so heißt es.

Müllers Kollege im Personalrat, Burckhard Radtke, sagt das aber nicht. Stattdessen erklärt er, mit dem Infoblatt habe man „ein bisschen informieren und ein bisschen Kritik äußern“ wollen. Dabei gehe es vor allem um die Sache, sprich um die Politik, nicht um die Person.

Und weil der Personalrat in dieser Frage offenbar vorsichtig ist, tut er auch nicht das, was die logische Folge wäre, wenn er „unmöglich“ weiteren fünf Jahren Hartwig zustimmen kann: Der Personalrat lehnt den Amtschef nicht ab. Man habe stattdessen „beschlossen sich nicht an dem Besetzungsverfahren zu beteiligen.“ Die offizielle Begründung für dieses Geeier: Die Senatorin habe die politische Verantwortung zu tragen, außerdem falle die Entscheidung über Hartwig im Senat – daher „sind die Mitbestimmungsrechte im Falle einer Ablehnung sehr stark reduziert.“ Also werde man sich enthalten, was „die rechtliche Wirkung einer Zustimmung“ habe. Jürgen Hartwig, so schließt der Rundbrief der Belegschaftsvertreter, „wird daher ab Februar 2004 für mindestens fünf Jahre weiter Amtsleiter sein.“

Mit seinem „bisschen informieren“ und „bisschen Kritik äußern“ hat der Personalrat die Senatorin auf den Plan gerufen. Sie antwortet noch am selben Tag. Und sie ist empört. Angesichts regelmäßiger Gespräche mit dem Personalrat und eines bisher stets „offenen und fairen“ Streits „um die gemeinsame Sache“ sei sie „um so überraschter“ über den „pauschalen Angriff auf die Amtsleitung“, schreibt Karin Röpke. „Unverständlich“ sei ihr dieses Verhalten, zumal der Personalrat der Amtszeit-Verlängerung Hartwigs doch implizit zustimme. Röpke: „Ich fordere den Personalrat auf, mir kurzfristig Vorschläge zur Bereinigung der von ihm zu verantwortenden schwierigen Situation vorzulegen.“

Der Personalrat schien gestern ein bisschen wie der Zauberlehrling, der die Geister – in diesem Fall die Senatorinnenwut – rief und nicht mehr los wurde. „Überrascht“ zeigte man sich hier von Röpkes Reaktion. Die Personalräte Rainer Müller und Burckhard Radtke erklärten unisono: „Wir werden jetzt erst mal das Gespräch mit der Senatorin suchen.“ Susanne Gieffers