berliner szenen Gerüchte ums Ostgut

Das große Flüstern

Das Ostgut macht wieder auf. Auf die, die den schönsten Technoclub der Stadt kannten, wirkt dieser Satz wie eine Zauberformel.

Das Ostgut macht wieder auf. Hört man. Aus dunklen Ecken flüstert es: „Es geht wieder los.“ Es wird zurückgeflüstert: „Wann, wo?“ Man spürt es näher kommen. Das Frühlingserwachen ist nicht mehr weit. Ende März, heißt es, hat das Tanzkollektiv wieder ein Zuhause. Und zwar in der Nähe des Comeniusplatzes.

Die, die es hören, fordern Beweise. Sie sind ungläubig. Werden hier etwa absichtlich Erwartungen geschürt? Wird mit einem Mythos gespielt, den nur Eingeweihte verstehen können? Wer war der erste Flüsterer, woher hat er seine Informationen? Zweifler vermuten, der Flüsterer habe einen Auftraggeber. Einen, der sich Vorteile durch das Flüstern verschaffen könnte.

Flüstern als Marktforschung. Die, die es flüstern, bleiben in ihren dunklen Ecken. Beweise sind nicht des Flüsterers Art. Flüsterer lieben die Aufregung. Und sie lieben es, die Menschen zu verunsichern. Flüstern, das die Spannung zum Höhepunkt treibt, bis sie sich in einer gigantischen Heimatrückgewinnungsparty entlädt. Jeden Moment könnte es so weit sein.

Die Menschen zehren von dieser Aufregung. Manche treten dem Flüsterer deshalb auch mit Respekt entgegen. Er ist der allwissende Erzähler, er kennt geheime Informationen.

Es soll schon vorgekommen sein, dass euphorische Heimatlose zum Comeniusplatz gezogen sind, um dem Flüstern näher zu kommen. Und in der Tat steht dort ein Haus, das zum Ostgut werden könnte.

Es geht wieder los, das Ostgut macht wieder auf. Die Spannung steigt. Wann und wo, das wissen bisher nur die Flüsterer.

LAURA EWERT