Surfing on a backbeat

Sieht zwar aus wie ein deutscher Teenie-Popstar, ist aber in Kanada, angeblich, ein stadienfüllender Rock‘n‘Roll-Titan: Dick Brave und „The Backbeats“ im Logo

Aus Kanada hört man die tollsten Gerüchte: 20.000 Zuschauer drängeln sich auf den Konzerten von Dick Brave und seiner Wahnsinnstruppe The Backbeats, kreischend, weinend, die Hüften schwingend. Doch Genaues weiß man nicht, Interviews gibt Brave nicht, und Fans können nach seinen Konzerten weder stehen noch reden –geschweige denn, sich erinnern.

Als Richard Leoncoer Jr. wird der Superstar in Vancouver geboren. Die Identität seines Vaters ist bis heute geheim, man munkelt, es sei ein großer Rock‘n‘Roller. Das Alias Dick Brave erwirbt er sich durch eine lebensmüde Fahrt mit einem geklauten Motorrad über den gefrorenen See Lost Lagoon. Es folgen Jugendstrafen, eine erste Band, Gigs in schmierigen Clubs und irgendwann der Durchbruch: Anfang der Neunziger spielt Brave mit seiner Combo The Backbeats auf einem Open Air in Louisiana und wird zum King of Rock‘n‘Roll. Danach der Absturz: Die Band zerbricht, Dick Brave wird zum Wehrdienst eingezogen und im fernen Deutschland stationiert, im ländlichen Westfalen. Trübe Jahre.

„Wir müssen die Band wieder zusammenbringen!“, dachte Brave sich vor einigen Monaten und „Here He Comes Again“: Umjubelte Shows etwa in St. Paul, Minnesota, vor zigtausend kreischenden Fans. „Missing a Dick Brave Show? I would rather cancel my own wedding!“, beschreibt Dave O‘Brien, Kanadas Late-Night-Talker Nummer eins, den Wahn.

Jetzt folgt erstmals eine Tournee durch Deutschland, fast inkognito, nur in kleinen Clubs. „Der sieht ja aus wie aus der Bravo“, wundert sich ein junges Mädchen, als sie auf der Reeperbahn ein Poster des Rock-Superstars entdeckt: Dick mit Kippe im Mundwinkel, brettharter Tolle, lässigem Blick. „Nein“, schüttelt ihre Freundin den Kopf, „dafür ist er viel zu pummelig.“ Und doch: Wäre Dick Brave kein ketterauchender, cooler Rock‘n‘Roller, man könnte ihn in der Fußgängerzone schon mal mit einem deutschen Provinz-Teenie-Popsternchen Sasha verwechseln. Auch Majorlabel-Talentsucher könnten bei Braves Anblick darüber phantasieren, welche Karriere ihm auch in Deutschland möglich wäre, würde er doch nur gefälligeren „Let Me Be The One“-Pop singen. Gut, dass sich der tapfere Dick nicht verbiegen lässt.

Warum sollte er auch? Die Massen lassen sich kaum zügeln beim Anblick des gut geföhnten Beaus und rasenden Rockabilly-Titanen. Was wird in Hamburg abgehen beim exklusiven Auftritt am Mittwoch? Es wird BHs regnen, und hinterher wird das Logo auseinander genommen, aber so richtig. So war es in Kanada jeden Abend. Sagt man. „If You Believe“. VOLKER PESCHEL

Mittwoch, 21 Uhr, Logo (Chance auf Restkarten an der Abendkasse)