Sonniger Gipfel

„Fink“-Drummer Henning Wandhoff ist der Mountaineer: Jetzt stellt er sein äußerst entspanntes Debütalbum vor

Homerecording gilt gemeinhin als musikalisches Äquivalent zum Autorenfilm. Seine Produzenten stellt man sich gern als technikversessene Frickler und/oder in Garagen wohnende Individualisten vor. „Homerecording is killing music“ ist deshalb nicht erst heute ein weit verbreitetes Ressentiment, in dem sowohl Drohung als auch Herausforderung mitschwingt.

Davon unbeeindruckt hat der Fink-Schlagzeuger Henning Wandhoff unter dem Alias Mountaineer mittels Vier-Spur-Recorder und diverser Instrumente versucht, die Impressionen eines längst vergangenen Sommers festzuhalten. Sein Album Sunny Day ist die Erinnerung an den Genuss sonniger Gelassenheit, ohne zu vergessen, dass ein solcher Zustand wohl nur in Verbindung mit melancholischen Tagträumen zu erreichen ist. Das Ergebnis zeigt: Der Mountaineer ist alles andere als ein Trittbrettsurfer auf der ohnehin wieder abebbenden Welle von Projekten, die in letzter Zeit unter dem Credo „Quiet is the new loud“ wie Pilze aus dem Boden schossen.

Wandhoff, der sich mit Hilfe eines Songbooks der Carpenters das Gitarrenspiel beigebracht haben soll, stellt auf Sunny Day – neben seinem Talent als Songwriter – ein ausgeprägtes Faible für eleganten Eklektizismus unter Beweis. Die zehn vorrangig ruhige Stücke kokettieren mit bemerkenswerten Einflüssen, ohne dabei an Selbständigkeit zu verlieren. Schon der Opener und Titelsong besticht durch die trocken klackernden Drums und die unübertroffen relaxte Atmosphäre, wie sie einst die Songs der Fellow Travellers ausstrahlten. Die vielfach von eher gehauchten als gesungenen Texten begleitete Melange aus Country- und Folkelementen lässt unwillkürlich auch an Jim O‘Rourkes Miniaturepos Halfway To A Threeway denken. Nicht zuletzt sind es die traurigen Poeme eines Nick Drake und die aus einer Hängematte genäselten Visionen eines J.J. Cale, von denen dieses musikalische Tagebuch seine Grundstimmung geerbt hat.

Sunny Day erzählt von der Liebe und ihrer Nähe zum Rausch, vom „Center Of The Sun“ und enthält ein reichliches Pensum an Melodien, die man in den gerade wieder begonnenen und in der Hansestadt bekanntlich raren Sonnentagen vor sich hinsummen möchte. Kurzum: es bedarf keiner großen Anstrengung, sich auszumalen, was dem Mountaineer bei einer Textzeile wie „Drunk as I could die in the country“ durch den Kopf gegangen sein mag.

Wenn der Mann aus den Bergen zur Release-Party seines Debüts lädt – nicht von ungefähr am Tag, da die Uhren in Richtung Sommerzeit gestellt werden –, haben sich als personelle Unterstützung Volker Zander und Martin Wenk (Calexico) sowie Katja Raine (Fred is Dead) angekündigt.

MATTHIAS SEEBERG

Sonntag, 21.30 Uhr, Astra-Stube