Totgesagte leben länger

Mit der Reihe „Musikclip kills MTV“ soll das künstlerisch angeschlagene Genre Musikvideo rehabilitiert werden

Die Reihe beginnt mit „Beyond Ultra Violence – Merzbow“, Central 22. 4. „Clipzone“: 28. März, 19 Uhr, 29. und 30 März, 22 Uhr Filmkunsthaus Babylon

Die alten Griechen dachten, dass Musik die Bewegung der Sterne sei, die man nicht sehen, sondern nur hören kann. Ein schöne Idee eigentlich, die inzwischen natürlich von der Musikindustrie überrollt worden ist, die mit ihren angeschlossenen Kanälen MTV und Viva erfolgreich an der Sichtbarmachung von Musik arbeitet.

In der Idee von Pop selbst liegt begründet, dass Musik nicht mehr nur einfach hörbar sei. Undenkbar ein Elvis ohne seine sexy Posen, ohne seine Frisur mit der Tolle. Das Charisma des Popstars teilt sich nicht mit ohne seinen Anblick, und hier irgendetwas zu beklagen, ergibt natürlich keinen Sinn. Adorno ist tot, toter geht’s nicht.

Viel interessanter sind da doch die Strategien der Unterwanderung. In der Reihe „Musikclip kills MTV“ zeigen das Filmkunsthaus Babylon und das Kino Central Beispiele einer Videoästhetik, die sich nicht vereinnahmen lassen will. Höhepunkt ist vielleicht die Rolle „Clipzone“, die aus 21 kurzen Clips besteht, in denen kaum je ein Musiker zu sehen ist.

Stattdessen schweifen die Bilder ab, erzählten kleine Geschichten, bauen Animationen ein. In einem Clip treten zum Beispiel lauter Schauspieler mit einem blauen Auge auf. Des Weiteren werden Samples gezeigt, die inzwischen schon fast zu Klassikern avanciert sind wie „Clip Cult Vol. 1“ mit Beiträgen von Regisseuren wie Spike Jonze und Chris Cunningham, Leuten also, die inzwischen im großen Film Karriere gemacht haben.

Indem sie die kleinen Clips auf der großen Leinwand zeigt, will „Musikclip kills MTV“ den Beweis erbringen, dass Videoästhetik und ästhetischer Ehrgeiz durchaus zusammengehen. Die titelgebende Rolle, eine Berliner Kompilation mit Beiträgen von Bands wie Stereo Total und Fehlfarben, läuft am 5. und 6. April im Kino Central.