Bürgerprotest gegen neue Nachbarn

Auf Einladung des „Eckigen Tisches“ bringen Weidenpescher Bürger ihre Bedenken gegen ein Übergangsheim für Flüchtlinge in der Pallenbergstraße vor. Sie fürchten Diebstähle und eine Störung des sozialen Friedens. Kölns Norden sei „genug belastet“

VON JÜRGEN SCHÖN

„Ich bin kein Rassist, aber...“ Oder auch: „Ich habe nichts gegen Flüchtlinge, aber...“ So beginnen viele Weidenpescher am Montag Abend ihre Vorbehalte gegen die geplante „Sammelunterkunft für illegale Einwanderer in der Pallenbergstraße“. Männer und Frauen gleichermaßen, insgesamt rund hundert, die ältere Generation in leichter Überzahl. Eingeladen hatte der „Eckige Tisch“, der seit rund zwei Monaten den Widerstand gegen die Pläne der Stadt bündelt, in die Gaststätte Alt-Merheim.

Die Pläne der Stadt stellt Michael Schleicher, Leiter des Wohnungsversorgungsbetriebs, vor: Bis zum 30. Juni dürfen in dem Gebäude beim Nordfriedhof nach Reparatur des Untergeschosses 30 Menschen kurzfristig untergebracht werden, bis anderweitig eine feste Bleibe für sie gefunden wird. Sollte ab Juli weiter Bedarf bestehen, würde der Ausbau des ersten und zweiten Stocks für weitere bis zu 50 Flüchtlinge beantragt. An eine langfristige Nutzung sei nicht gedacht, so Schleicher. Zur Zeit lebten 3.555 illegal Eingereiste in Köln, Neuankömmlinge könnten noch in bestehenden Heimen untergebracht werden, das Heim in Weidenpesch müsse man für den Notfall „vorhalten“.

80 mögliche Neu-Weidenpescher – das macht den Zuhörern Angst. Die meisten fürchten eine Zunahme von Diebstählen, eine Störung des sozialen Friedens im Veedel: „Wenn man die, die nichts haben, neben denen einquartiert, die etwas besitzen, muss das doch zu Kriminalität führen“, sorgt sich einer um die Ruhe ringsum die Jugendstilhäuser. „Wo Asylanten zusammen gezogen werden, steigen Versifftheit und Kriminalität. Diese Erfahrung wollen wir hier nicht machen“, meint ein anderer. Überhaupt sei Kölns Norden „mit anderen Flüchtlingsheimen, der Müllverbrennungsanlage, dem Straßenstrich und Chorweiler schon genug belastet“. Die Stadt solle doch mal Flüchtlinge in Rodenkirchen oder Marienburg unterbringen. Schleichers Hinweis, dass Kalk oder Ehrenfeld als Bezirke stärker belastet seien als Nippes, und als Stadtteil Poll stärker als Weidenpesch, kann das „subjektive Gefährdungsgefühl“ der Weidenpescher nicht mildern.

Beruhigend wirkt indes die schriftliche Zusage von Sozialdezernentin Marlies Bredenhorst, es sei „definitiv ausgeschlossen“, Bewohner aus Poller Flüchtlingsheimen nach Weidenpesch zu verlegen. Diese – mehrheitlich Roma – wurden zuletzt stark mit Kriminalität in Verbindung gebracht.

Werner Geilenkirchen, Sprecher des „Eckigen Tischs“, wiegelt die Hinweise auf Kriminalität ab. „Wir wissen doch noch gar nicht, welche Menschen hierher kommen.“ Lediglich, dass es „unerlaubt eingereiste Personen sind, die sich nicht in Not befinden und keine traumatischen Erlebnisse haben“. Man solle mit „Fakten“ gegen die Sammelunterkunft argumentieren. Die Unterbringung im Pallenbergheim sei „unmenschlich“, weil das Haus von Schimmel und Schädlingen befallen und der Platz laut Verwaltungsgericht zu eng sei. Dieses hält das Objekt für „ungeeignet“, weil sich nebenan eine soziale Einrichtung und eine Kita befänden. Und für „sozial unerträglich“, weil das Viertel schon genug Probleme habe.

Da hat es Alfred Becker, Vorsitzender des Bürgervereins Merkenich, schwer. Dieser betreut eine Flüchtlingsunterkunft mit rund 150 Menschen. Becker fordert eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge, eine Arbeitserlaubnis für Erwachsene und Schulpflicht für Kinder. Doch solche Überlegungen sind nicht Ziel des „Tisches“. „Auf die Ausländerpolitik in Berlin haben wir keinen Einfluss, wir wollen gemeinsam das Problem in Weidenpesch lösen“, gibt Werner Geilenkirchen das Ziel vor. Und das heißt: keine Flüchtlinge in die Pallenbergstraße. Im Wahljahr rechnet man sich dafür gute Chancen bei den Parteien aus.

Nein, ausländerfeindlich wollen sie nicht sein, die Weidenpescher. Werner Geilenkirchen stellt in Anspielung auf die populistischen Parolen der rechtsextremen Kölner „Bürgerbewegung“ klar: „Mit Pro Köln wollen wir nichts zu tun haben.“