Volk im Endspurt

Countdown zum Volksentscheid gegen Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser. Gewerkschaft erneuert Kritik. Behörden errichten Hürden

„Die Tendenz, dass sozial Schwache als Patienten unrentabel sind, wird sich durchsetzen“

von KAI VON APPEN

Die Initiatoren des Volksentscheids „Gesundheit ist keine Ware“, der sich gegen den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) richtet, setzen zum „Endspurt auf der Zielgeraden“ an. Trotz Stolpersteinen bei der Präsentation des Volksbegehrens in der amtlichen Informationsbroschüre zur Wahl am 29. Februar, sind ver.di-Landeschef Wolfang Rose und der Hamburger DGB-Boss Erhard Pumm zuversichtlich, „dem Volkswillen zum Durchbruch zu verhelfen“. In den nächsten Wochen soll noch einmal ordentlich informiert und mobilisiert werden. „Wir wollen in Hamburg kein Gesundheitswesen nach amerikanischem Vorbild“, so Rose, „und keine Zwei-Klassen-Medizin.“

Denn noch sei das vom Rechts-Senat verursachte „Verkaufsdesaster“ nicht endgültig vom Tisch. Katharina Ries-Heidtke, Gesamtpersonalratsvorsitzende des LBK, berichtet, dass Strategen des potenziellen Käufers Asklepios im LBK-Management bereits die „Geschicke des öffentlichen Unternehmens mit lenken“, obwohl der Verkauf an das Krankenhausunternehmen durch den Regierungsbruch eigentlich gestoppt worden ist. So werde zurzeit ein massives Spar- und Streichprogramm in den sieben staatlichen LBK-Kliniken durchgesetzt, womit 560 Planstellen eingespart werden sollen. „Das betrifft wegen Teilzeitarbeitsplätzen 1.000 Leute“, erläutert Ries-Heidtke. „Offenbar ist dieser neue Stellenabbau vorauseilender Gehorsam gegenüber dem Asklepios-Konzern.“

DGB-Chef Pumm wies gestern noch einmal darauf hin, dass es sich gar nicht um einen echten Verkauf handelt, der die städtischen Finanzen um 318 Millionen Euro aufbessern soll, sondern eher um eine „Schenkung“: „Dieser Kaufpreis wäre schon weniger als 50 Prozent der früheren Wertschätzung“, rechnet Pumm vor. Davon müsste der LBK 180 Millionen Euro selber aufbringen und sich bei den Banken verschulden. 118 Millionen Euro sollen über einen spekulativen und ungesicherten Börsengang finanziert werden. „Asklepios würde de facto nur rund 19 Millionen Euro zahlen“, wettert Pumm. „Es ist gegen jede kaufmännische Vernunft, ein Unternehmen mit großen Perspektiven in einer wirtschaftlichen Krisenzeiten zu verscherbeln.“

Leidtragende werden PatientInnen und MitarbeiterInnen sein: „Wenn die Krankenhäuser im Besitz privater Konzerne sind, wird bald der Geldbeutel über die Gesundheit entscheiden“, befürchtet Rose. „Die Tendenz, dass sozial Schwache als Patienten unrentabel sind, wird sich durchsetzen.“ Das belegten auch Privatisierungs-Erfahrungen aus den USA bei der Energieversorgung, in England bei der Eisenbahn oder in Argentinien bei der Wasserversorgung. „Die Hilfe für Kranke, Verletzte und Pflegebedürftige ist Aufgabe des Gemeinwohls und darf nicht zur Profitmedizin verkommen.“

Für Rose hat der Volksentscheid „Gesundheit ist keine Ware“ zugleich aber auch eine „Pilotfunktion“ für mehr Bürgerbeteiligung bei anderen Privatisierungen: „Die Regierenden in Hamburg, wie immer sie heißen, müssen mit uns rechnen.“