In die Tasse geascht

Marc Wilmots wird neuer Trainer des FC Schalke 04. Frank Neubarth entfernt sich mit fairer Geste vom alten Arbeitsplatz, den nun auch Ersatztorhüter Oliver Reck in Besitz nimmt: Er wird Kotrainer

aus Gelsenkirchen HOLGER PAULER

Auf Schalke kehrt der Spaß zurück. Der Gelsenkirchener Bundesligist entließ gestern Trainer Frank Neubarth und zog damit die Konsequenz aus der schlechten Stimmung im Umfeld des Vereins. Die einstimmige Entscheidung von Vorstand und Spielerrat wurde am Mittwochmorgen auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Für Neubarth endet die erste Station als Profitrainer nach nur neun Monaten. Der Weg in den Trainerstab des DFB scheint für den langen Bremer damit vorgezeichnet.

Beim FC Schalke wird nun die in Bundesligakreisen immer beliebter werdende interne Lösung bemüht. Der von Neubarth ausgemusterte Belgier Marc Wilmots leitetete bereits das Training und wird die Mannschaft voraussichtlich bis zum Saisonende betreuen. Ihm zur Seite steht Ersatzkeeper Oliver Reck, der den Kotrainerposten des ebenfalls entlassenen Norbert Elgert übernimmt.

Die Entlassung wurde übrigens schon am Dienstagabend beschlossen. Frank Neubarth erfuhr aber erst tags darauf davon – in der Umkleidekabine. Er sei sehr enttäuscht und traurig, verkündete Neubarth: „Es tut mit Leid für den Manager. Er ist ein großes Risiko mit meiner Verpflichtung eingegangen.“

Auf der Pressekonferenz bedankte sich Rudi Assauer für dessen fairen Abgang mit pathetischen Worten. „Eine super Leistung des Trainers, er ist für mich ein großer Mann. Heute Morgen hat er der Mannschaft sogar noch Glück gewünscht.“ Vor Aufregung aschte der Manager in die Kaffeetasse.

Assauer-Spezi Jörg Böhme kommentierte die Entscheidung gewohnt lakonisch: „Der Zeitpunkt ist etwas überraschend, aber der Manager wird sich schon seine Gedanken gemacht haben.“ Und Kapitän Tomasz Waldoch äußerte sich überraschend deutlich: „Eine richtige Entscheidung. Wir wollen Erfolg haben. So ist das Geschäft“, sagte der polnische Nationalspieler.

Anspruch und Realität passen auf Schalke schon länger nicht mehr zusammen. Die Mannschaft befindet sich zwar immer noch auf einem Tabellenplatz, der zur Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb berechtigt, doch die Art und Weise, wie sie vor allem vor eigenem Publikum auftrat, sorgte zuletzt für immer größer werdende Spannungen zwischen Trainer, Fans und Spielern. „Neubarth raus!“ und „Huub Stevens“ schallte es während des Spiels gegen Arminia Bielefeld durch die Arena.

Zudem drangen interne Pöbeleien der Spieler an die Öffentlichkeit. Torhüter Frank Rost soll Neubarth angeschrien haben: „Seitdem du hier bist, macht Fußball keinen Spaß mehr.“ Nach dem letzten Spiel verabschiedeten die Fans ihre Mannschaft mit einem gellenden Pfeifkonzert. Die Stimmung war am Tiefpunkt. Manager Rudi Assauer wollte von einer möglichen Entlassung dennoch nichts wissen: „Wir ziehen das Ding mit dem Trainer durch.“ Durchgezogen hat er dann nur seine Zigarre.

Der Bild-Reporter wusste es wie immer als Erster: „Das Experiment Neubarth ist beendet“, orakelte er am vergangenen Samstag auf der Rolltreppe, die von der Tribüne hinab in die Katakomben des Presseraums führt – ein Experiment, welches vor allem aus der finanziellen Not geboren wurde. Die Billiglösung Neubarth erwies sich als der falsche Mann am falschen Ort. Gegen die starke Persönlichkeit von Assauer konnte Novize Neubarth nur schlecht aussehen. Als es sportlich nach unten ging, ließ Assauer den Unerfahrenen fallen. Nach der letzten Pressekonferenz verließ der Manager kommentarlos den Saal. Damit war bereits alles gesagt.

Für die neue Saison wurden der Stuttgarter Jochen Seitz, Simon Cziommer von Twente Enschede und der Wattenscheider U-20-Nationalspieler Hamit Altintop verpflichtet – eher Perspektivspieler als Spitzenkicker, die allerdings einen entscheidenden Vorteil haben: Sie sind relativ günstig. So bleibt auf jeden Fall genug Geld, um Rudi Assauer künftig einen gestandenen Trainer an die Seite zu setzen.

Frank Pagelsdorf konnte sich am vergangenen Samstag in der Arena vom aktuellen Leistungsstand der Schalker überzeugen. Spaß am Spiel hatte er wohl keinen, aber das könnte ja noch kommen.

Mitarbeit: Martin Teigeler