Bushs Haushaltsdefizit ist auf Rekordhöhe

Mit 521 Milliarden Dollar übersteigt das US-Minus die schlimmsten Befürchtungen. Der Präsident setzt auf Kürzungen

WASHINGTON taz ■ US-Präsident George W. Bush wartete am Montagabend mit einer fiskalischen Hiobsbotschaft auf, die selbst seine republikanischen Parteifreunde schockierte. Das Haushaltsdefizit klettert 2004 auf die Rekordhöhe von 521 Milliarden Dollar und übersteigt damit noch die düsteren Schätzungen von 477 Milliarden, die der Kongress vergangene Woche vorausgesagt hatte. Und der Gesamthaushalt für 2005 in Höhe von 2,4 Billionen wird der teuerste in der US-Geschichte sein.

Verantwortlich für das klaffende Haushaltsloch ist die Kombination aus hohen Ausgaben für Verteidigung und innere Sicherheit sowie drastische Steuersenkungen. Die Verteidigungsausgaben steigen um 7,1 Prozent auf 402 Milliarden Dollar. Damit sollen die Raketenabwehr und Modernisierung der Streitkräfte vorangetrieben werden. Profitieren werden davon vor allem Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin und Northrop Grumman, die kräftig in Bushs Wahlkampfkasse einzahlen. Für Antiterrormaßnahmen und Heimatschutz werden 30 Milliarden Dollar veranschlagt, 9,7 Prozent mehr als im laufenden Jahr.

Mit massiven Ausgabenkürzungen in der Landwirtschaft, im Umweltschutz und Sozialbereich will Bush nun das Defizit bis 2007 halbieren. So soll das Budget der Umweltbehörde um sieben Prozent gestutzt werden. Rund 60 staatliche Programme stehen auf dem Prüfstand. Bereits im Haushaltsentwurf 2005 strebt Bush eine deutliche Absenkung des Fehlbetrags an, der aber aber immer noch rund 364 Milliarden Dollar betragen soll. Finanzpolitiker in beiden Parteien bezweifeln allerdings, dass Bush die geplante Verringerung je gelingen wird. So berücksichtigt der Haushaltsplan 2005 nicht die Milliardenausgaben, die im kommenden Jahr für die im Irak und Afghanistan stationierten US-Truppen benötigt werden, da die bislang vom Kongress bewilligten 87 Milliarden lediglich die Ausgaben für das laufende Fiskaljahr abdecken. Nach Medienangaben will die Regierung Ende des Jahres den Kongress um zusätzliche 50 Milliarden Dollar für den Irakeinsatz bitten. Der vorgelegte Haushalt ignoriert zudem die anvisierte Festschreibung der jüngsten Steuererleichterungen.

Mit seiner Haushaltspolitik gerät Bush im Wahljahr zunehmend in Bedrängnis. Als er im Januar 2001 seine Präsidentschaft antrat, übernahm er von seinem Vorgänger Bill Clinton einen Haushaltsüberschuss von 237 Milliarden Dollar. Zwei Kriege, Steuergeschenke für Reiche und subventionierte Medikamente, um murrende Senioren ruhig zu stellen, forderten ihren Tribut. „Ökonomische Misswirtschaft“ attestiert die New York Times, und auch Republikaner, die gewöhnlich den schlanken Staat predigen, werfen dem Präsidenten eine unverantwortliche Finanzpolitik vor. Stephen Moore, Direktor des konservativen „Club for Growth“ warnt, Bush laufe Gefahr, es sich mit seinem eigenen Klientel zu verscherzen. Für die Opposition und ihre Präsidentschaftskandidaten bietet Bushs hemmungsloses Ausgabeverhalten zwar eine willkommene Angriffsfläche, doch auch sie bleiben eine Antwort schuldig, wie sie die riesige Lücke füllen wollen, außer Teile der Steuersenkungen rückgängig zu machen. An Bush scheint jedoch jede Kritik abzutropfen. Allen Ernstes verkündet er, „weise zu sein, wenn wir das Geld des Volkes ausgeben“. MICHAEL STRECK