Böhning fordert Ströbele heraus

Der Sprecher der SPD-Linken tritt in Berlin-Kreuzberg gegen Grünen-Abgeordneten an

BERLIN taz ■ In diesem Wahlkreis knubbelt sich die Politprominenz: Bei der nächsten Bundestagswahl wird der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gegen den bundesweit einzigen direkt gewählten Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele antreten. Bei einer SPD-Mitgliederbefragung konnte Böhning sich klar gegen seine innerparteilichen Konkurrenten durchsetzen, wie die Partei am Mittwochabend mitteilte. Außerdem tritt hier Vera Lengsfeld an: Die Bürgerrechtlerin aus Thüringen saß bereits von 1990 bis 2005 im Bundestag – erst für die Grünen, doch 1996 wechselte sie zur CDU.

Der 30-jährige Böhning wurde als Juso-Bundeschef bekannt. Als Leiter des Grundsatz- und Planungsreferates im Roten Rathaus ist er die rechte Hand des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit (SPD). Als Wahlkreiskandidat kann Böhning sich jetzt auch für einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste der SPD bewerben.

Ströbele dagegen tritt ohne Sicherungsnetz an. Er muss den Wahlkreis direkt gewinnen, um wieder in den Bundestag zu kommen. Seine Ausgangsposition ist gut: Bei der letzten Bundestagswahl gewann er mit großem Abstand: Gut 43 Prozent der Wähler wollten ihn im Bundestag sehen. Der SPD-Kandidat kam dagegen auf knapp 21 Prozent, 18 Prozent gab es für die Vertreterin der Linken und nur 11 Prozent für den CDU-Mann.

In Ströbeles Umfeld gibt es die Befürchtung, dass er als der etablierte Platzhirsch wahrgenommen wird. Deswegen gibt es Überlegungen, Ströbele als den eigentlichen Herausforderer aufzubauen: den, der die Mächtigen herausfordert – durch seine Kritik am Afghanistankrieg, an der Agenda 2010, an Geheimdiensteinsätzen.

Der Vollblutpolitiker Böhning ist allerdings ein ernst zu nehmender Gegenkandidat. Zuletzt zeigte er auf dem SPD-Bundesparteitag, dass er auch auf einem großen Podium reden kann. Im Wahlkampf will er Ströbele als jemanden hinstellen, der sich um die Probleme im Kiez nicht kümmert. „Wo war er denn, als es um die Privatisierung der Bundesdruckerei ging und um die Arbeitsplätze dort?“, griff Böhning etwa Ströbele an. Der Bund hatte die Druckerei, die in Kreuzberg liegt, im Jahr 2000 verkauft. Doch Ströbele lässt den Vorwurf locker abprallen: „Ich weiß nicht, ob Herr Böhning sich seinerzeit schon für Politik interessiert hat“, sagt der 69-Jährige über den 30-Jährigen. „Ich habe das jedenfalls genau verfolgt und auch mit dem Betriebsrat geredet – der war allerdings für die Privatisierung.“ SEBASTIAN HEISER