Glückloser Aufstand

Basra, März 1991: Nach der Niederlage in Kuwait wollten sich die Iraker schon einmal von Saddam Hussein befreien

BERLIN taz ■ Am 1. März 1991 sagte der damalige US-Präsident George Bush senior über Saddam Hussein: „Das irakische Volk sollte ihn beiseite räumen. Das würde die Lösung aller Probleme erleichtern.“ Am Vortag war es zu einer Feuerpause im zweiten Golfkrieg gekommen, und der irakische Diktator hatte seine Soldaten aufgefordert, binnen 24 Stunden aus Kuwait abzuziehen. Seine Eliteeinheit, die Republikanischen Garden, waren beizeiten in Sicherheit gebracht worden.

Die irakische Armee im Süden des Landes befand sich im Zustand der Auflösung. In Subair, kurz vor Basra, kam es zu einer Rebellion, die sich an besagtem 1. März auf Basra ausdehnte. Soldaten schossen auf die allgegenwärtigen Porträts Saddam Husseins, die Bevölkerung jubelte ihnen zu. Binnen weniger Stunden wurden die Büros der herrschenden Baath-Partei gestürmt. Das Regime hatte die Kontrolle über diese schiitische Stadt im Südirak verloren. Angesichts der Unterdrückung der Schiiten kam es zu Racheaktionen und hässlichen Szenen, etwa als Bewaffnete in ein Krankenhaus eindrangen und drei angebliche Agenten verschleppten, von denen einer gleich im Hof erschossen wurde. In den folgenden Tagen übernahmen die Aufständischen die Städte Nadschaf, Kerbala, Kufa und das ganze mittlere Euphratgebiet; Kurdistan im Norden des Landes schloss sich an. Saddam Hussein hatte die Kontrolle über 14 der 18 irakischen Provinzen verloren.

Anders als im Norden war der Aufstand im Süden weitgehend unkoordiniert. Der höchste schiitische Geistliche des Landes, Großajatollah Abu al-Kassim al-Khoie in Nadschaf, lehnte eine Machtübernahme der Geistlichkeit nach iranischem Vorbild ab und rief die Bevölkerung zur Zurückhaltung auf. Radikalere Töne kamen von Mohammed Bakir al-Hakim, dem Führer des schiitischen „Höchsten Rates für die Islamische Revolution“, aus dem Iran. Er gerierte sich in seinen Erklärungen als der Führer des Aufstandes. In Basra tauchten Poster des verstorbenen iranischen Revolutionsführers Ajatollah Chomeini auf. Derartige radikal-islamistische Tendenzen beunruhigten nicht nur die USA, sondern auch andere irakische Opoositionsgruppen.

Der Aufstand war letzendlich zum Scheitern verurteilt, weil die USA die Aufständischen nicht unterstützten. Am 5. März, also ganze vier Tage nach der Äußerung Bushs, gab der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, die neue Linie vor: „Wir haben nicht die Absicht, uns […] in die inneren Angelegenheiten des Irak einzumischen.“ Versuche einer Delegation schiitischer Aufständischer, mit den USA in Verbindung zu treten, scheiterten. Eine knappe Woche nach Beginn der Erhebung von Basra wurde die Stadt von den Republikanischen Garden brutal zurückerobert. Die Kämpfe sollen über tausend Tote gefordert haben. Die anderen Städte folgten.

Letztlich führte der Aufstand zu einer Stärkung des Regimes. Unsichere Kantonisten in der Armee wurden gefangen genommen oder getötet; die Jagd auf Baathisten führte dazu, dass sich diese später noch enger um das Regime scharten. BEATE SEEL