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: Cooles Wissen für coole Frauen

Was bei „Ein Mann, ein Buch“ ein einigermaßen gewitzter Titel war, der dazu noch Rhythmus hatte, kommt mit „Eine Frau, ein Buch“ gehörig ins Stolpern – und deswegen zunächst in die Kategorie „Amazon-Verkaufsrang 90 mit doofem Titel, der schreckliche Befürchtungen auslöst“. Dass sich diese Befürchtungen dann knapp mehrheitlich nicht bewahrheiten, spricht bei einem Buch dieser Kategorie schon fast für das Buch.

Die Autorinnen Heike Blümner und Jaqueline Thomae haben sich bemüht, in zwölf großen Kapiteln („Die Frau und die Technik“, „Die Frau mit Mann“, „Die Frau ohne Mann“ usw.) insgesamt 120 Tipps und Tricks zusammenzustellen, deren Beherzigung das souveräne, spaßorientierte, an Körper und Geist gesunde Überleben von Menschen weiblichen Geschlechts in der heutigen Gesellschaft gewährleisten soll. Die Gewährleistungsgarantie gilt allerdings nur für Damen ohne größere Finanzsorgen. Geldlos nämlich frage ich mich schon, was es mir bringt, wenn ich erfahre, wie ich die richtige Sonnenbrille aufsetze, einen Hut trage, mich für die Oscarverleihung ausstaffiere, Silber putze oder teuren französischen Käse kaufe, um Gäste von meiner Kochunkunst abzulenken. Obwohl: Es bringt mir eigentlich schon etwas, nämlich fluffig vermitteltes Wissen über die Reichhaltigkeit zumindest theoretisch möglicher kultureller Techniken in der Jetztzeit. Auf jeden Fall weiß ich jetzt, warum ich mich im Falle des Falles für einen „möglichst schweren Brillanten, flawless, very good geschliffen, in hochfeinem Weiß+ oder einer sehr seltenen fancy colour“ entscheiden soll. Ich habe außerdem gelernt, dass ich in einer Parfümerie höchstens fünf Düfte probieren und zwischendurch zum Nase-Neutralisieren an Kaffeebohnen schnuppern soll. Neben all diesem informativ-unnützen Chi-Chi-Kram habe ich aber auch gelesen, was ich vor, während und nach meinem Ironman zu tun und lassen habe, wie ich einen Angriff abwehre, Aktien kaufe, einen Pullover stricke, in den Iran reise, Starthilfe gebe und am effizientesten Gutes tue. Von Anregungen zur Selbstermächtigung mag man bei diesen Praxistipps für sowieso emanzipierte Nichtemanzen nicht sprechen, eher von coolem Wissen für die metrosexuelle Frau.

Um dem Lobpreis ein einstweiliges Krönchen aufzusetzen, sei noch angemerkt, dass das Buch sehr hübsch ist. Das Papier ist dick und griffig, Typo, Satz und die kleinen Illustrationen sind stylish. So, und jetzt kommt das Krönchen wieder runter, weil natürlich auch gesagt werden muss, dass 40 Prozent dieses Buchs am besten nicht in ihm wären. Braucht niemand, ist weder besonders lustig noch besonders lehrreich, watschelt Stereotypen hinterher („Erkennen, ob ein Mann schwul ist“), zielt auf den fiesen „Ja, das kenne ich“-Effekt („Was Frauen an Männern oft nicht gefällt“), ist Neokon-Scheißdreck („Paten auswählen“, also Taufpaten fürs Kind), kommt in Sachen Modeberatung höchstens durch eine „SZ am Wochenende“-kompatible Schreibe in andere Gefilde als ein schlechtes Frauenmagazin und landet manchmal in noch flacheren Gewässern, wenn einem zum Beispiel augenzwinkernd „absurde Diäten“ vorgeschlagen werden, um im „Freundinnenkreis mit Exotik zu punkten“.

Aber bei 60 Prozent Erfreulichem inklusive einer fundierten, für jede Neofeministin Roche’schen Formats genügend unverkrampften Anleitung zum Haare-untenrum-Loswerden will man mal nicht so sein.

KIRSTEN RIESSELMANN

Heike Blümner und Jacqueline Thomae: „Eine Frau, ein Buch“. Süddeutsche Zeitung Edition, München 2008, 415 Seiten, 19,90 Euro