Etwas Grimm für Alte

Das Theaterensemble „Neubau“ zeigt vier eigene Märchenversionen im Dortmunder Depot-Theater

Auf der Bühne stehen zwei beleuchtete Spinde, im Hintergrund liegt ein großer Kronleuchter. Keine Ausstattung, die sofort an die Gebrüder Grimm denken läßt. Das neue Stück des freien Ensembles „neubau“ erzählt in kurzen Szenen und verbindenden traumatischen Zwischen-Clips vier Märchen für Erwachsene. Auch bei „Grimm“ arbeiten sie mit assoziativen Bildern, körperlicher Expression und einer freien Dramaturgie, ohne durchgehende Handlungs- und Figurenillusion. Es wurde ein ungewöhnlich lustiger Abend, der von Regisseur Christian Fries überaus einfallsreich inszeniert wurde. Bereits nach wenigen Minuten wird die karge Bühne zu einer virtuellen Märchenwelt, wo alles anders ist, als es der Zuschauer aus seiner Kindheit zu kennen glaubt.

Wie die Furien hetzen die drei Schauspieler Barbara Wachendorff, David Fischer und Georg Lennarz durch die Szenen. Eisenhannes, Rotkäppchen, Rapunzel und die Gänsehirtin am Brunnen fliegen vorbei, anarchisch, wild, ungewöhnlich. Kleiderbügel im Kreis auf den Boden gelegt, werden zum goldenen Brunnen. Die Spinde werden Zimmer, Türen, die Ränder des Waldes. Doch der Klamauk ist nur Transportmittel für die psychoanalytische Betrachtung in der eigenen Textfassung, die sich hart an der Grimmschen Originalfassung orientiert. Es geht ums Erwachsenwerden und die versteckte Sexualität in fast allen gesammelten Werken der Brüder. Die neubau-Gruppe kann nur Anstöße geben, letztlich entscheiden die Zuschauer ihre Bilder im Kopf selbst. Im letzten Jahr waren sie mit „Der Bau“ nach Franz Kafka Preisträger beim NRW-Theaterzwangfestival. PETER ORTMANN

GrimmTheater im Depot, Dortmund10. bis 12.2., 20:00 UhrKarten: 0231-982120