Schauspiel
: Der Fremde

Vor acht Jahren urteilte ein Kritiker anlässlich einer Aufführung in München: „Camus‘ ‚Fremder‘ als Drama – nur ein Bastard.“ Da durfte man gespannt sein, ob Albrecht Hirche es in Oldenburg besser machen würde.

Er hat zumindest eine ganze Menge Ideen, die er mit seinem kleinen Ensemble umsetzt. Das Bühnenbild ist in seiner Einfachheit und Vielseitigkeit gelungen. Es gibt ferner komödiantische Exkurse wie den sächselnden Rechtsanwalt (beweglich und gewitzt: Denis Larisch). Die Episoden fließen mitunter elegant ineinander. Hirche versucht sich an Schockmomenten, lässt während des Bühnenumbaus laute Musik spielen, arbeitet mit Stroboskop sowie allerlei Klischees (Araber mit Kopftuch, mehr oder weniger latent homosexuelle Gefängniswärter) und macht überhaupt viel Remmidemmi.

Was indes bei alledem unterzugehen droht, ist: der Fremde. Der hat es in einem Roman gewiss einfacher. Da kann er monologisieren wie es ihm beliebt. Hier aber muss sich Meursault (Vincent Doddema) immer wieder gegen allerlei Gepolter durchsetzen. Erst am Ende geraten seine Betrachtungen erfreulich kongruent zu seiner stets behaupteten Gleichgültigkeit. Die eigene Hinrichtung bleibt Meursault so egal wie alles andere. Und uns leider auch. Zu fremd bleibt uns der Fremde. Dabei würden wir ihm gerne länger zuhören. Leider kommt er nicht recht dazu. Zu viel lenkt ab, was nicht zu Ende geführt wird. ASL

Dienstag & Donnerstag, 20 Uhr, Exerzierhalle, Oldenburg