Noch 25 verdammt lange Tage

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber macht am Flughafen Instant-Wahlkampf für seinen „engen persönlichen Freund“ Ole von Beust. Kontakt mit dem Wahlvolk gibt es nur über die hübschen Fotos und Fernsehbilder

von PETER AHRENS

Edmund Stoiber hält schon wieder ein Schraubengewinde in der Hand. Die Fotografen liegen vor ihm auf den Knien und tun ihre Arbeit, während Stoiber und CDU-Bürgermeister Ole von Beust für sie mit dem Metallteil hantieren. Dann geht‘s weiter mit der gesamten Traube, irgendwo wartet sicher noch ein unschuldiger Azubi, dem Stoiber und von Beust noch nicht für die Kamera die Hand gedrückt haben. Der Bayer ist für ein paar Stunden in Hamburg, genauer gesagt, auf dem Gelände der Lufthansa Technik in Fuhlsbüttel, und die CDU-Wahlkampfmeute marodiert durch die Werkshallen.

Fünf Stunden ist Stoiber in der Stadt – wobei er von Hamburg außer dem Lufthansa-Werksgelände nichts zu sehen bekommt. Die einzigen WählerInnen auf diesem PR-Termin sind die ArbeiterInnen in der Halle – und vor allem die Presseleute, die für die Bilder und O-Töne sorgen, die dann später das Wahlvolk erreichen sollen. Als Erstes führt Vorstand August Wilhelm Henningsen den Besuch zu einem Triebwerk, das gerade in der Reparatur ist. Stoiber und von Beust bauen sich davor auf, die Fotografen sind begeistert, der Ministerpräsident ist heute offenbar in aufgeräumter Stimmung, er ruft aus: „Das Triebwerk für Hamburg heißt Ole von Beust.“ Alle freuen sich über dieses gelungene Bonmot, in Besonderheit Stoiber selbst.

Schon zuvor hat er die „enge persönliche und politische Freundschaft“ zu Ole von Beust gelobt, und dass Hamburg so viel getan habe bei der Inneren Sicherheit. Diese zwei, drei Sätze müssen sein, damit für die schreibenden JournalistInnen auch ein bisschen etwas zu schreiben abfällt, aber eigentlich geht es um die Bilder: Stoiber und von Beust zeigen, nicken, haben schon wieder eine Hand an einem Rotorblatt. Eine junge Frau im Blaumann sieht sich unvermittelt von der politischen Prominenz umzingelt. Die Kameraleute und Fotografen laufen heiß. Die MarketingexpertInnen sind zufrieden, es läuft genauso, wie es laufen sollte. Eine Kollegin sagt: „Eigentlich ist es erschreckend, dass wir alle hier sind und dies mitmachen.“

Nach ein paar Stunden haben die Presseleute viel zu viele Bilder im Kasten, Stoiber hat seine Mission erfüllt und fliegt wieder von dannen: „Wie George Bush bei seinem Irak-Kurzbesuch, nur ohne Truthahn“, fällt den JournalistInnen noch ein Vergleich aus der großen Politik ein.

Einige Fotografen haben sich schon vorher verabschiedet, sie müssen auf den Rathausmarkt eilen, um rechtzeitig da zu sein, wenn Olivia Jones im grellen Fummel ein Flugblatt an die Haustür des Parlamentes nagelt. „Härtere Strafen für Machtmissbrauch“ und „Probezeit für Politiker“ steht da drauf. Alle, die zugucken, lachen, es wird im KollegInnenkreis ein bisschen über die neuen Umfragezahlen diskutiert, über die Beine von Olivia Jones und darüber, wie schlecht die politischen Plakate in diesem Wahlkampf seien, dann posiert die Drag-Queen noch ein bisschen lasziv, und nach zehn Minuten ist das auch vorbei.

Der Wahlkampf dauert noch 25 Tage.