Der Organisator

Weihnachten ist nicht alle Tage. Jörg Schöpfel weiß das. Er ist Oberweihnachtsmann, koordiniert studentische Weihnachtsmänner, die jährlich am 24. Dezember die Kinder der Stadt beglücken. Auch in der Vorweihnachtszeit gibt es viel zu tun: Kinder- und Betriebsfeste wollen bespaßt werden. Ein Job für Schöpfel: „Ich organisiere gern.“

Was lag also näher, als die Leidenschaft zum Beruf zu machen? Um auch Geld zu verdienen, wenn nicht gerade Weihnachten ist. Schöpfel, Vater eines zweijährigen Kindes, ist seit Dezember mit dem Überbrückungsgeld vom Arbeitsamt selbstständig und hat die „Agentur für Kinderkultur“ gegründet. Die Idee: Events und Animationen für Kinder zu organisieren, etwa auf Betriebsfesten von Firmen. „Da gibt es einen Markt“, ist sich Schöpfel sicher. Viele Firmen wollten ihren Mitarbeitern schließlich mehr bieten als Bratwürste und Umsonstgetränke.

Schöpfel kennt die Branche. Als der Geograf nach seinem Studium keinen adäquaten Job fand, gründete er eine Catering-Firma. Deren Nischenmarkt: Cocktails auf Firmenpartys verkaufen. Aber spätestens seit dem 11. September habe sich das nicht mehr gelohnt, so Schöpfel. „Die Firmen sparen, zuerst bei den Cocktails.“ Außerdem sei die Konkurrenz größer geworden. „In schlechten Zeiten drängen die Leute in die Gastronomie“, weiß der 37-Jährige. In dieser Branche sei die Eintrittsschwelle nicht so hoch, und irgendetwas müssten die Leute ja versuchen.

Etwas anstoßen, etwas bewegen, etwas ausprobieren, das liegt Schöpfel. „Es ist schon ein Kitzel, wenn man selbst bestimmt etwas machen kann“, sagt er. Und er ist fasziniert von den afrikanischen Gesellschaften, die er auf ausführlichen Reisen kennen lernte. Die Vitalität der Leute, die sich durchschlagen müssen, sei enorm. „Da macht jeder sein Small-to-small-Business, wurschtelt sich durch.“

Die vielen neuen Ich-AGs – für Schöpfel sind sie Zeichen dafür, dass auch in Deutschland der informelle Sektor wächst. Einerseits bewundert er die Beharrlichkeit, mit der etwa die Grillwalker auf dem Alex ihr Geschäft aufziehen; andererseits sieht Schöpfel in Ich-AGs auch einen Ausdruck von „Extremkapitalismus“ – etwa wenn sich vorher fest angestellte Fensterputzer selbstständig machen müssen.

Zwei, drei größere Aufträge brauchte seine Agentur in diesem Jahr, um über die Runden zu kommen. Im Moment hat er noch keinen konkreten an der Angel. Aber er vertraut auf seine vielen Kontakte, setzt auf Event-Agenturen. „Wenn es keine Aufträge gibt, überleben wir auf Studentenniveau.“ Das nächste Weihnachten kommt bestimmt.

RICHARD ROTHER

www.oberweihnachtsmann.de Tel. (01 70) 2 10 60 99