berlinale szene Den Winter weggucken

Potsdamer Platz gutböse

Eigentlich ist alles normal und wie immer, das heißt die Berlinale ist Teil der zyklischen Zeit, der Wiederkehr des Immergleichen sozusagen. Die Filmfestspiele markieren das Ende des Winters, zumindest hat man, wenn sie beginnen, das Gefühl, als müsse man jetzt nur noch ganz besonders aufmerksam viele Filme – am besten schon um neun Uhr morgens – ansehen und danach ist der Winter weggeguckt sozusagen. Zwei Dinge allerdings sind anders: Während die ersten Frühlingstage bei den Filmfestspielen der letzten Jahre erst am Ende auftauchten, so stehen sie nun schon am Anfang und außerdem gibt es in diesem Jahr keine Mitternachtsschiene (wie wir Filmfreunde sagen) im Delphi mehr. Das ist zu beklagen und schockiert einen durchaus, wenn man das Programmheft so durchblättert, denn die Mitternachtsvorstellungen im Delphi waren dreißig Jahre lang eine Institution, oft der eigentliche Höhepunkt des Festivals. Das Festival hat sich also noch ein bisschen mehr zum Potsdamer Platz, dem Inbegriff des Langweiligsten, was Westdeutschland zu bieten hat, verlagert. Gut am bösen Potsdamer Platz hingegen ist, dass man auf dem Weg dorthin an einem Aldi vorbeifährt, Kinogucken und Nahrungkaufen also Zeit sparend kombinieren kann, schlecht dagegen, dass es Dienstagabend noch keine Akkreditierungen gab. Sicher wird die Berlinale wieder super und danach kann dann der Sommer beginnen. DETLEF KUHLBRODT