Einsamer Cowboy unter Feuer

Warum wagt niemand das Duell mit Peter Strieder? Keiner mag ihn, aber er zieht am schnellsten in der Berliner SPD. Die linke Verschwörung ist geplatzt. Strieder kann sich nur selbst besiegen

von ROBIN ALEXANDER

Peter Strieder könnte aufatmen. Eine Verschwörung der SPD-Linken gegen den Landesparteichef ist gescheitert, bevor sie richtig begonnen hat. Heute Abend wollten sich Vertreter der „Berliner Linken“ mit dem altlinken „Donnerstagskreis“ treffen. Wollten. Denn das Treffen, auf dem es darum gehen sollte, einen Gegenkandidaten für den ungeliebten Parteivorsitzenden zu finden, scheint geplatzt. Grund: Die Führungsfigur des Donnerstagskreises, der umtriebige Abgeordnete und Anwalt Hans-Georg Lorenz, posaunte das Treffen und seinen Zweck schon vorher laut in die Welt: „Mir kommt es nur darauf an, dass Strieder nicht Landesvorsitzender bleibt.“ Deswegen will die „Berliner Linke“ (BL) das Treffen absagen. Dies zeichnete sich bereits gestern ab.

Die BL unterstützt die rot-roten Koalition, Vertreter aus ihren Reihen arbeiten im Landesvorstand mit. Sie sind – anders als Lorenz – nicht daran interessiert, Strieder mit einem lauten Fußtritt vor die Tür zu setzen, sondern wollen behutsam einen Gegenkandidaten aufbauen.

Lorenz ist der Gegenkandidat egal. „Zur Not kandidiere ich selbst“, erklärt er seit Monaten oder nennt andere. Der Höhepunkt der Veranstaltung „Lorenz sucht den Anti-Strieder“ war vor einer Woche erreicht. Da sagte er der Morgenpost: „Es könnte auch Monika Buttgereit machen.“ Buttgereit ist noch mit Strieder verheiratet, die Scheidung liefe noch zur Zeit des innerparteilichen Wahlkampfes. Eine absurde Vorstellung.

Strieder könnte also aufatmen, denn seine innerparteilichen Gegner fallen über die eigenen Füße. Der einzige Sozialdemokrat, der Peter Strieder gefährlich werden könnte, ist Peter Strieder selbst. Dieser Gegner allerdings ist zurzeit kaum zu unterschätzen: Am Montag erschien der Spiegel mit einem angeblichen Strieder-Zitat: „Die sagen mir nicht nur, wie viele Leute erschossen werden müssen, sie schreiben auch die Namen auf die Kugeln“, soll der Stadtentwicklungssenator über die Arbeit von Beratungsfirmen in seiner Verwaltung gesagt haben. Das Ganze ist zwei Jahre her und ein Journalist des RBB, der den Satz gehört hat, bezeugt öffentlich und plausibel, Strieder habe die Berater damit kritisieren wollen, nicht loben. Dumm nur: Strieder hat das Zitat als „nicht gefallen“ dementieren lassen. Zermürbt wird der eigentlich nicht dünnhäutige Strieder zudem von den Tempodrom-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Hat der Stadtentwicklungssenator den Zeltbau, der in seinem Kreuzberger Wahlkreis steht, mit unlauteren Mitteln finanziell unterstützt? Diesem Verdacht gehen die Ermittler nach und haben darüber das Abgeordnetenhaus formal in Kenntnis gesetzt.

Wenn Strieder sich tatsächlich selbst abschießt: Wer wird dann SPD-Vorsitzender? Variante 1: Klaus Wowereit. Die Lösung läge nahe, aber Wowereit weiß um die Differenz zwischen Regierungshandeln und Parteigefühlen, die besser an jemand anderem abreagiert werden. Variante 2: Michael Müller, der SPD-Fraktionschef. Vorteil: Wowereit vertraut auf seine Loyalität. Er könnte zudem mit einem Senatorenposten aus dem Strieder-Erbe belohnt werden. Variante 3: Andreas Matthae, der stellvertretende Vorsitzende, der nicht qua Amt in den Senat eingebunden ist. Vorteil: Matthae macht schon jetzt einen Großteil der Parteiarbeit. Zudem ist er bei jenen „Berliner Linken“ aktiv, die eine realistische Strieder-Alternative aufbauen wollen. Problem: Matthae hat es sich mit einem kritischen Interview bei Wowereit verscherzt. Seitdem hält der Regierende Distanz.