Professionalisierung des Protests

betr.: „Die Bewegung kann auch anders“, taz vom 30. 1. 04, S. 13

Da gibt es zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Land Menschen, die wollen sich nicht damit abfinden, dass selbst ernannte Eliten Menschenrechte mit Füßen treten, meist unter dem Vorwand, das Vaterland, die Freiheit der Wirtschaft und der Religion schützen zu müssen. Zum Beispiel Menschen, aktiv im ANC in Südafrika oder bei den Sandinisten in Nicaragua, die in lebensgefährlichen Aktionen mörderische Strukturen angreifen. Über Erfolge, Misserfolge und Charaktereigenschaften der Aktivisten lässt sich später trefflich streiten, akademisch und besserwisserisch.

In dieses Horn stößt auch Katharina Koufen und legt den Märtyrern, den verzweifelten Überlebenden und Sympathisanten dieser Bewegungen die „Tatsachen“ knallhart auf den Tisch: alles nur Verklärung, Heroisierung, Pseudoreligiosität. Was diesen Verblendeten fehlte und den 68ern heute noch fehlt, ist der Trend zum modernen Dienstleister, zu mehr Professionalität. Distanzierte Pragmatiker und Macher sind gefragt, unermüdliche Produzenten von „Flyern“ und Analysen. Nur, Frau Koufen, wer garantiert denn, dass Professionalisierung und Dienstleistungsgläubigkeit eines Tages nicht auch als kleinkariert und verlogen aus unserem Wortschatz verschwinden und „linksökonomisches Philosophieren“ wieder zum Zuge kommt? LOTHAR WEISS, Northeim