die stimme der korrektur: saddam, sohn des hussein
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Inmitten der großen gewalttätigen Unkorrektheit, der sich das amerikanische Empire an dem Kleinreich Irak schuldig macht, gibt es ein Bedürfnis nach politischer Korrektheit, die, wie meistens, sich um Worte dreht: Siezen wir respektvoll Mr. Bush, aber duzen wir verächtlich Saddam, seinen nachgestellten Namen Hussein einfach unterschlagend? Wie sollen wir S. H. nennen?

Beginnen wir mit Herrn S. H.s Vater. Er hieß Hussein al-Madschid, Hussein der Ruhmreiche. Den wie auch immer gearteten Ruhm erhielt S. H. zwar nicht namentlich, wohl aber die Zuschreibung von Standhaftigkeit, die in Saddam liegt, und eine Kennzeichnung als Sohn des Hussein. Da er aus einem Dorf bei Tikrit stammt, heißt S. H. vollständig Saddam Hussein al-Tikriti. Weil so auffällig viele al-Tikritis Machtpositionen besetzen, soll diese Beigabe eines Tages gestrichen worden sein.

Herrn S. H.s Söhne nun heißen Qusai Saddam Hussein und Udai Saddam Hussein – also Qusai/Udai Sohn des Saddam, welcher wiederum Sohn des Hussein ist. Und ach, Hussein heißt eigentlich kleiner Hassan. Das war der jüngere Bruder des erstgeborenen Enkels von Prophet Mohammed.

Es wird behauptet, dass Saddam im Golfkrieg von 1991 von einem anderen Hussein, dem dahingegangenen König Jordaniens, unterschieden werden sollte und er so im Westen seinen zweiten Namen verlor. Solche Unterscheidung zu treffen ist insofern schade, als sie doch Brüder im Geiste waren: Metzelte der eine die Kurden, ließ der andere 1970 im Schwarzen September tausende in sein Land geflüchtete Palästinenser ermorden. Weil ihre demokratische Bewegung seine Diktatur bedrohte. Aber darum geht es ja nicht.

Hier und da finden sich schon in früheren Jahren auch in der taz Saddams und nicht Husseins. Vielleicht müsste diese Frage gar nicht entschieden werden, würden wir an Namensgebungsregeln denken, die im Westen erst verloren gingen, als sich die feudale Welt immer mehr bevölkerte. Als also etwa Hartmut Rüdiger noch der ausdauernde Sohn des Ruhmreichen war.

Es geht also darum, einen Gleichstand herzustellen, nicht einen der Waffen, denn die sind, wie wir seit langem wissen, nie gleich gewesen und seit 1991 noch viel ungleicher. Sondern einen Gleichstand zwischen Namen wie George und Saddam oder Bush und Hussein. Mich würde an ersterer Lösung nur eins stören: die Kumpanei, der ich mich nicht schuldig machen möchte, sei es mit George oder Saddam, Donny oder Tommy.

Und so gesehen, gibt es wohl doch etwas Korrektes im Unkorrekten.

ROSEMARIE NÜNNING