Zeitplan für die EU-Erweiterung erneut in Gefahr

Verteilung der finanziellen Lasten ist immer noch ungeklärt. Haushaltskommissarin Michaele Schreyer fordert Reform des Budgetrechts

BRÜSSEL taz ■ Die Vereinbarung zwischen Rat, Parlament (EP) und Kommission über die finanzielle Lastenverteilung nach der Erweiterung der Europäischen Union ist gestern geplatzt. Kommenden Dienstag wollen die Beteiligten in Athen einen neuen Versuch machen, den Streit beizulegen.

Das EP wehrt sich dagegen, dass die Deals über die Obergrenze bei den Agrarausgaben zwischen dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Premier Jaques Chirac beim Oktober-Gipfel in Brüssel und der Deal mit Polen über künftige EU-Zahlungen in Kopenhagen im Dezember in die Beitrittsverträge aufgenommen werden. Aus Sicht des Parlaments würde das seine Mitsprache bei der Finanzplanung beschneiden.

Die Zeit für einen Kompromiss ist knapp, denn schon am 9. April wird das Plenum in Straßburg über die Erweiterung abstimmen. Sollte das Ergebnis des Treffens am 1. April in Athen das Parlament nicht besänftigen, könnte die feierliche Unterzeichnung der Beitrittsverträge am 16. April in Frage gestellt sein.

„Das zeigt, dass eine Reform des Budgetrechts dringend nötig ist“, sagte Haushaltskommissarin Michaele Schreyer gestern, als sie die Vorschläge der Kommission für das Budget-Kapitel in der neuen EU-Verfassung vorstellte. Ihr Entwurf sieht vor, die Budgetrechte des Parlaments zu stärken, das Verfahren zu vereinfachen und die Eigenmittel eindeutiger festzulegen. Das EP sei „das einzige demokratisch gewählte Parlament mit eingeschränkten Budgetrechten“.

Auch für die mehrjährige Finanzplanung soll die Verfassung künftig ein exaktes Verfahren mit gleichen Rechten für Rat und Parlament vorgeben. Ein europäischer Staatsanwalt soll kontrollieren, ob die Mittel korrekt ausgegeben werden. Er kann die Mitglieder auffordern, nationale Ermittlungen einzuleiten.

Schreyer betonte, dass die Forderung der Kommission nach „Eigenmitteln, die finanzielle Autonomie garantieren und Steuern, Abgaben und Zahlungen der Mitgliedsstaaten umfassen können“, keine zusätzliche finanzielle Belastung für die Bürger bedeute. „Schon heute wachsen die Mitgliedsbeiträge nicht auf den Bäumen, aber die Steuern sind nicht identifizierbar.“ Ursprünglich sei die Hälfte des EU-Budgets aus Zöllen finanziert worden, die aber mit dem Abbau der Handelsschranken auf mittlerweile 14 Prozent des Budgets geschrumpft seien. Deshalb sei es wichtig, die Eigenmittel wieder deutlich zu definieren.

DANIELA WEINGÄRTNER