amerika im krieg (7)
: Ein Tagebuch unseres USA-Korrespondenten Michael Streck

„Camp Shell“ heißt jetzt ein US-Basislager im Südirak

Eine Woche ist jetzt Krieg. Heute trafen die ersten Särge mit gefallenen US-Soldaten in den USA ein. Es sieht so aus, als ob noch viele folgen werden. Krieg heißt zerstören und töten. Und dennoch kommt das Wort einem hier seltsam profan und beiläufig vor. Vielleicht liegt das daran, dass Herr Bush diesen Begriff banalisiert hat, indem er vielen seiner Vorhaben die Aufschrift „Krieg“ verliehen hat.

Am siebten Kriegstag kam auch die Meldung, dass Soldaten im südlichen Irak zwei Basislager „Camp Exxon“ und „Camp Shell“ getauft haben. Prima Jungs, so gewinnt ihr den Propaganda-Krieg. Natürlich habt ihr nicht weiter darüber nachgedacht, auch Panzer brauchen Treibstoff. Aber in jedem dieser Metallmonster hockt doch auch ein Journalist und schickt diese Worte in Minuten um die Welt.

Kriege verändern die Sprache, und in dieser ersten Woche des Feldzuges haben wir es bereits mit alten und neuen Absurditäten, Euphemismen und Suggestivbegriffen zu tun. Die bereits aus dem letzten Golfkrieg bekannte „smart bomb“ ist wieder dabei. Dabei handelt es sich um nichts anderes als eine computergesteuerte Waffe, die zielgenau treffen soll, aber auch oft daneben einschlägt, wie der versehentliche Angriff auf einen Markt von Bagdad zeigt. Ähnlich verhält es sich mit dem „chirurgischen Angriff“. Auch wenn er sich als Volltreffer erweist, führt seine Wucht unweigerlich zu „Kollateralschäden“.

Ein anderes Beispiel ist das Wort „Invasion“. US-Moderatoren meiden es, suggeriert es doch ein aggressives und feindliches Tun. Also spricht man von Befreiung, nur zeigen sich die Iraker bislang kaum freudig befreit.

Die Sprachschöpfung „coalition forces“ klingt nach breitem Einverständnis und Legitimation. Sie ist die Nachfolgerin von „Koalition der Willigen“, ein Begriff, der genauso wenig überzeugend war. Nicht nur konnte die Bush-Regierung die Namen jener Länder, die dazugehörten, nicht nennen. Zudem zeigten sich einige auch eher unwillig.

Das Lieblingswort von Herrn Bush ist „weapons of mass destruction“. Durch den inflationären Gebrauch musste man zum Kürzel „WMD“ übergehen. Der einfallsreiche Präsident wandelt den Begriff auch gerne mal um in „weapons of mass terror“ oder jüngst „mass murder“. Das lässt glauben, dass nur Diktatoren WMDs besitzen.

Mein Lieblingswort in diesem Krieg lautet „embedded journalist“. Das heißt so viel wie „im Bett mit dem Leutnant“. Es suggeriert Nähe und tiefen Einblick. Man sieht Reporter in Uniform und Gasmaske im Sandsturm und hört Granateneinschläge. Ansonsten ist es nicht viel anders als in den guten, alten Kriegszeiten, als Journalisten auch schon Truppen begleiten durften. Sie verfügten nur nicht über die mobile Übertragungstechnik, die Bilder und Töne in die Wohnstuben funken. Welche Informationen gesendet werden, entscheidet nach wie vor die Militärzensur.

Dennoch drang heute, nach erst einer Woche Krieg, ein Wort von Marinesoldaten, die in Guerillakämpfe verwickelt waren, nach draußen. Und vor diesem fürchtet sich jede US-Regierung: Vietnam.