Geld für Wiederaufbau ist nicht eingeplant

Bundesregierung hütet sich vor Zusagen für die Nachkriegszeit. Entwicklungsministerin: Wer bombt, soll zahlen

BERLIN taz ■ Streit um den Wiederaufbau im Irak? Das Bundesministerium für Entwicklung wiegelt ab: In dieser Frage gebe es „keinerlei Dissens“ zwischen Bundeskanzler Schröder und Ministerin Wieczorek-Zeul, so ein Sprecher gestern zur taz. Dabei hat Heidemarie Wieczorek-Zeul in dieser heiklen Frage – anders als der Kanzler – deutliche Worte gefunden: „Ich lege Wert darauf, dass die Hauptfinanzlast bei denen liegt, die diesen schändlichen Krieg begonnen haben“, sagte sie der Frankfurter Rundschau. Es könne nicht sein, „dass die Amerikaner und Briten bomben und das ‚alte Europa‘ zahlt“. Schröder würde darüber vorerst am liebsten schweigen: Die Debatte lenke von dem „eigentlichen Ziel“ ab, „den Krieg schnell zu beenden“, so des Kanzlers Machtwort am Mittwoch.

Wieczorek-Zeuls These, es sei nicht Aufgabe der Entwicklungspolitik, „die Trümmer der Militärs wegzuräumen“, findet Beifall in den Regierungsfraktionen.

Die Sprecher für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe sowohl der Grünen- als auch der SPD-Fraktion lobten diese Grundhaltung gestern gegenüber der taz. Wohlgemerkt – mit humanitärer Hilfe für den Irak hat das nichts zu tun. Hier will die Koalition 50 Millionen Euro zusätzlich bewilligen. Das ist aber ein Kleckerbetrag im Vergleich mit der Summe, um die es später gehen kann. Die Expertenschätzungen darüber, was die Instandsetzung von irakischen Brücken, Häusern und Straßen nach Kriegsende kosten wird, reichen von 25 Milliarden Euro bis weit über 100 Milliarden.

Bei solchen Dimensionen kann jede Beteiligung den Bundeshaushalt sprengen, Aufbaumittel sind nicht eingeplant. Ministerin Wieczorek-Zeul wollte nicht über eine mögliche Neuverschuldung spekulieren.

Ein Vorgang im Auswärtigen Amt zeigt, dass die Bundesregierung intern sehr wohl über den Krieg hinausdenkt. In Außenminister Fischers Haus tagt seit vergangener Woche ein „Sonderstab Irak“. Unter der Leitung des Nahost-Experten und Diplomaten Horst Freitag beschäftigen sich mindestens sechs Experten Tag für Tag mit der humanitären Hilfe für Irakflüchtlinge, der diplomatischen Abstimmung mit den Vereinten Nationen und – mit dem Wiederaufbau. Der Sonderstab sei ein „normales Referat“, heißt es im Auswärtigen Amt. Interviews mit den Experten will man jedoch nicht zulassen. Wegen der Arbeitsbelastung, nicht wegen der Aufbaudebatte.

ULRICH SCHULTE