Nothilfe kann nicht auf Frieden warten

Die UNO überlegt, wie humanitäre Hilfe im Irak geleistet werden kann. Den Militärs sollte man das nicht überlassen

BERLIN taz ■ UN-Hilfswerke bereiten sich auf groß angelegte Hilfsaktionen im Irak vor. Der geplante Hilfsappell über 2,1 Milliarden Dollar soll dafür den finanziellen Rahmen bilden. Ein am Mittwoch vom UN-Welternährungsprogramm WFP angekündigtes „gigantisches Programm“, die komplette Bevölkerung des Irak sechs Monate lang zu ernähren, blieb allerdings gestern noch zurückgestellt, weil das WFP den Ausgang der UN-Debatten über eine Wiederbelebung des früheren Hilfsprogramms „Oil for Food“ abwartet.

Dieses Programm, in dessen Rahmen die irakischen Behörden WFP-Lebensmittelrationen an die Bevölkerung verteilten, wurde am 18. März von der UNO suspendiert. Die Lebensmittelvorräte der Bevölkerung reichen nun nach WFP-Schätzung noch drei Wochen. Bis Mitte April muss daher unabhängig vom Kriegsverlauf geklärt werden, wie in Zukunft die Bevölkerung des Irak versorgt wird.

Nach Angaben von UN-Generalsekretär Annan waren zum Zeitpunkt der Suspendierung des „Oil for Food“-Programms Hilfsgüter im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar bereits „in der Pipeline“. Um sie verteilen zu können, müsste der Sicherheitsrat das Programm neu starten. Ein britischer Militärsprecher sagte gestern, er erwarte eine Wiederaufnahme der irakischen Ölexporte im Rahmen von „Oil for Food“ erst in drei Monaten.

Bis dahin können zwar theoretisch die bestehenden sechs Milliarden Dollar vom Konto des Programms genutzt werden, um es wieder anlaufen zu lassen. Doch die vom Krieg verursachten zusätzlichen humanitären Bedürfnisse im Irak sollten nach Annans Meinung nicht von der UNO, sondern von den USA und Großbritannien befriedigt werden. Eine Trennung zwischen kriegsbedingten und anderen humanitären Bedürfnissen jedoch ist in der Praxis schwierig.

Der von US-Präsident Bush gewünschte Nachtragshaushalt für die Kriegskosten enthält 200 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe. Nach Angaben der US-Hilfsbehörde US-AID wollen die USA 610.000 Tonnen Lebensmittel liefern. Versuche der alliierten Militärs, humanitäre Hilfe in den eroberten Gebieten des Südirak zu organisieren, funktionieren allerdings bislang nicht.

So sollte der kuwaitische Rote Halbmond am Mittwoch in Zusammenarbeit mit den Briten 45.000 Lebensmittelpakete in die Region um die südirakische Stadt Safwan bringen, aber der Konvoi wurde geplündert. „Die Hilfe erreichte die Frauen und Kinder nicht“, sagte Hilal al-Sajir, Vizevorsitzender des Roten Halbmonds, gegenüber BBC. „Unsere Leute verloren die Kontrolle, und junge irakische Männer begannen, die Lastwagen zu leeren.“ Die britischen Soldaten griffen nicht ein, um keine Schlacht zu provozieren.

Der kuwaitische Rote Halbmond will seine Arbeit in Südirak fortsetzen. Nach Angaben des humanitären Koordinationsbüros der UNO für den Irak in Zypern ist die Region jedoch für Hilfsaktionen noch nicht sicher genug. DOMINIC JOHNSON