Volker Eichener zur neuen Stadtbaupolitik
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taz: Sie sagen, die Wohnungsbaupolitik stünde vor einem fundamentalen Wandel. Wie sieht der aus?Volker Eichener: Die Wohnungsbaupolitik ist bis auf den heutigen Tag geprägt von der Nachkriegssituation. In den letzten fünf Jahrzehnten hatten wir nahezu permanten Wohnungsmangel. Eine Reihe unserer wohnungspolitischen Instrumente – sowohl der soziale Wohnungsbau als auch die Eigentumsförderung – sollten den Neubau fördern. Jetzt nähern wir uns, in den Regionen unterschiedlich schnell, einer Situation an, in der es Überkapazitäten gibt. Wir brauchen eine vollkommene Neuorientierung der Wohnungspolitik.

Mit welchen Problemen muss sich die neue Wohnungspolitik auseinandersetzen?Wir brauchen eine viel stärke sozialpolitische Fokussierung der Wohnungspolitik. Der soziale Wohnungsbau war ja nie zur Versorgung unserer Problemgruppen gedacht, er hat sich eher an die mittleren Einkommensschichten gewandt. Ein sehr teures Instrument übrigens. Für die sozial Schwächsten brauchen wir ganz andere Instrumente. Da brauchen wir software, da brauchen wir Betreuung, die bis jetzt überhaupt nicht finanziert wird. Wir brauchen ganz neue Wohnformen, wie das betreute Wohnen. Bei der Finanzierung solcher Projekte zeigen sich die Ressortgrenzen als stark hinderlich.

Die Bundesregierung sagt, sie versuche unter anderem mit dem Programm „Soziale Stadt“ diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden.Das sind Reparatur-Programme, die nur für die allerproblematischsten Gebiete zur Verfügung stehen. Wir brauchen aber eine präventive Politik, so dass Quartiere gefördert werden, die zu erodieren drohen. Und wir brauchen viel mehr Geld dafür.

Sie sagen, der Sozialarbeiter muss aus dem Bauressort bezahlt werden. Gibt es für diese Idee ein Vorbild?Die Briten haben 36 Förderprogramme – die es auch bei uns gibt: Programme zur Wohnumfeldverbesserung, Programme für Alte, für den zweiten Arbeitsmarkt, für den Denkmalschutz und und und – diese 36 Programme haben die zusammengeführt zum „Single Regeneration Budget“. Und genau so etwas brauchen wir hier auch.

Interview: hey