Schulden ideal für eine Ehe

Neuer Vorstoß der Brandenburger SPD: Die Länderfusion Berlin-Brandenburg soll auch ohne sanierte Haushalte schnell über die Bühne gehen. Die Senatskanzlei besteht aber weiter auf Konsolidierung

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Es gibt Liebesheiraten, Vernunftehen, reiche sowie arme Lebensgemeinschaften. Für Letztere hat sich SPD-Fraktionschef im Potsdamer Landtag, Gunter Fritsch, entschieden. Fritsch hält die geplante Länderehe 2009 zwischen Brandenburg und Berlin auch ohne eine jeweilige Haushaltssanierung in beiden Ländern für sinnvoll und machbar. Nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden müssten beide Parlamente sich realistisch mit ihren Finanzen auseinander setzen. Mit der Vorgabe, erst nach einer Sanierung der Haushalte in Berlin und Potsdam die Fusion anzustreben, könnte der Zusammenschluss „ewig“ dauern, sagte Fritsch gestern. Zugleich hat sich Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske für einen künftigen Regierungssitz in Potsdam ausgesprochen. Noch Ende Februar hatte Berlins Staatskanzleichef Rainer Speer betont, ohne Konsolidierung der Haushalte sei eine Fusion nicht möglich.

Hintergrund des Fritsch-Vorstoßes ist, dass die Potsdamer fürchten, Berlin könnte mit einem Schuldenberg von rund 47 Milliarden Euro auf Jahrzehnte sein Haushaltsloch nicht stopfen und damit das einmal angedockte Umland übermäßig belasten. Außerdem besteht die Sorge, dass sich in Berlin Stimmen mehrten, das Geld bringende Stadtstaatenprivileg nicht aufzugeben. Eine klare Aussage zur Länderehe setzt das märkische Flächenland nicht zusätzlich unter Druck. Brandenburgs Defizit beläuft sich derzeit auf „nur“ rund 15 Milliarden Euro.

Nach Ansicht von Fritsch sollten Berlin und Brandenburg sich Hand in Hand an die Haushaltskonsolidierung machen. „Beide Länder, so der SPD-Fraktionschef, „haben ein Interesse, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Da das gemeinsam besser und schneller geht als getrennt, muss die Fusion so zeitig wie möglich kommen.“ Einen früheren Fusionstermin hält Fritsch für wünschenswert, aber nicht realistisch. Der vereinbarte Fahrplan für die Volksabstimmung im Jahr 2006 und die anvisierte Fusion im Jahr 2009 dürften nicht in Frage gestellt werden.

Klaus Wowereit (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister, und Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck haben sich zu dem Fusionsprojekt bekannt. Die PDS im Potsdamer Landtag – die sich schon 1996 gegen die Fusion gewehrt hatte – will dagegen, dass Brandenburg nicht für die Berliner Schulden aufkommen muss. Auch der Brandenburger CDU-Chef Schönbohm sprach sich gestern für die „zwingende“ Haushaltssanierung aus. Zur Klärung der Finanzfragen will Berlin nun eine neue Arbeitsgruppe beider Landesregierungen einrichten.