Michael Rutschky verhaftet!

Brecht-Grab geschändet. Berliner Essayist unter Verdacht. Die Kriminalpolizei ermittelt

Das geistige Berlin steht unter Schock, seit der beliebte Essayist und taz-Autor Michael Rutschky verhaftet worden ist, weil er unter dem Verdacht steht, ein Grab geschändet zu haben – das Grab des Schriftstellers Bertolt Brecht.

„Er hat Vorschläge gemacht – wir haben sie abgelehnt!“ Diese Worte hatte ein anonymer Schmierfink in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Berlin mit billigem Haarspray auf den Grabstein von Bertolt Brecht gesprüht. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf und konnte in Tatortnähe einen einzelnen Herrenschuh der Marke Gucci sicherstellen. Gucci – Rutschky – es war eine freie Assoziation des alten Kreuzberger Wachtmeisters Knorzbolle, die die Beamten auf die richtige Spur brachte. Um 21.04 Uhr klingelten drei Vertreter eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) an Michael Rutschkys Haustür, die sich freilich erst zwei Minuten später öffnete. In der Zwischenzeit wurden die Beamten Ohrenzeugen eines Ehekrachs, der sich gewaschen hatte.

„Du kannst dich gehackt legen, du Eumel!“, gellte eine Frauenstimme. „Ich spar mich auf für einen Künstler formerly known as Prince!“ Gleich darauf, so heißt es im Polizeibericht, sei nach einem hässlichen Würgegeräusch die Stimme des Tatverdächtigen erklungen: „Dau olle Sau, disch krieg isch!“ Und dann habe Michael Rutschky die Tür geöffnet. „Ist das Ihrer?“, fragte Wachtmeister Knorzbolle und hielt dem Essayisten den Schuh vom Tatort unter die Nase. „Ja hallöchen!“, rief Rutschky, während seine Frau weiter hinten in der Wohnung heulte und Geschirr zerschmiss. „Das ist meiner! Wo haben Sie den her?“

In den Vernehmungen, die folgten, leugnete Rutschky alles. „Bertolt Brecht? Kenn ich nicht. Nie gehört. Wer soll das sein?“

Der vom Landgericht Berlin hinzugezogene Germanist Harro Zimmermann konnte jedoch nachweisen, dass Michael Rutschky 1976 den Bertolt-Brecht-Preis in Empfang genommen hatte. Und nicht nur 1976, sondern auch 1979, 1981, 1982, 1987, 1993, 1999, 2001 und 2003. Bei einer Hausdurchsuchung wurden kurz darauf in Rutschkys Wohnung drei Gesamtausgaben des Dichters Brecht sichergestellt, und so brach das Alibi des Essayisten Stück für Stück in sich zusammen.

Fakt ist, dass Rutschky unter dem Verdacht steht, Brechts Grab geschändet zu haben. Fakt ist auch, dass der mutmaßliche Täter von seiner Frau aufs Schwerste belastet wird: „Der Michael, dem trau ich alles zu, der hat sich schon als junger Mann gegenüber Frauen und Toten ganz komisch benommen.“ So äußerte sich Katharina Rutschky in einem Exklusiv-Interview mit der Zeitschrift Computer-Bild.

Gegen eine Kaution von 30 Euro ist Michael Rutschky vorläufig wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Es bestehe keine Fluchtgefahr, heißt es in einer Stellungnahme der Berliner Staatsanwaltschaft, da Rutschky sich aufgrund seines unvorteilhaften Äußeren nirgendwo verbergen könne. Wir berichten weiter. GERHARD HENSCHEL