Rückkehr in die Finsternis

Der außenpolitische US-Hardliner Richard Perle tritt vom Vorsitz des Beraterstabs im Pentagon zurück

Unter Druck hat der 61-jährige Richard Perle am Donnerstag seinen Rücktritt vom Vorsitz des Beraterstabs beim US-Verteidigungsministerium bekannt gegeben, den er seit Anfang 2001 innehatte. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld akzeptierte den Rücktritt, forderte Perle jedoch sogleich auf, Mitglied des Beraterstabs zu bleiben.

Mit dem Rücktritt reagiert Perle auf die immer lauter werdenden Vorwürfe, er habe private Geschäftsinteressen und die ehrenamtliche Tätigkeit im Beraterstab vermischt. Tatsächlich hat Perle neben dem Pentagon auch die Firma Global Crossing beraten. Das bankrotte Telekommunikationsunternehmen bemüht sich derzeit um eine Genehmigung der Regierung, an zwei asiatische Firmen zu verkaufen. Mitentscheider ist Donald Rumsfeld, als dessen engster Vertrauter Richard Perle gilt. Kein Wunder, dass in den vergangenen Tagen die Stimmen im US-Kongress immer lauter wurden, die eine Entflechtung dieser Doppelbeziehung forderten, vor allem als bekannt wurde, dass Perle von dem Unternehmen 600.000 US-Dollar Provision erhalten sollte, wenn seine guten Beziehungen zur Regierung den Verkauf ermöglichen sollten – zusätzlich zu den fest vereinbarten 125.000 Dollar Honorar. In seinem Rücktrittsbrief schreibt Perle jetzt, er verzichte auf jegliche Zahlungen. Sollte er Gelder von Global Crossing erhalten, werde er diese den Familien von im Irakkrieg gefallenen Soldaten spenden.

Die Verbindung von Wirtschaft und Politik ist Perle nicht fremd. Sein Ökonomiestudium schloss er 1967 an der Princeton University mit hervorragenden Noten und dem Mastergrad ab, er hatte sich auf internationale Beziehungen spezialisiert und fand sofort Arbeit als Lobbyist des Elektrokonzerns Westinghouse. Sein Thema: Die Konzeption einer Antiraketenrakete.

Perle war eloquent, energisch, ein radikaler Antikommunist und unbedingter Unterstützer Israels. Schon bald wurde er in die Politik geholt – zunächst ab Herbst 1969 im Stab des konservativen demokratischen Senators Henry Jackson. Er wurde Mitarbeiter in der Senatskommission für nationale Sicherheit und lernte so bereits mit noch nicht 30 Jahren die Regeln der Einflussnahme in der US-Politik.

Das hat Perle in den folgenden Jahren perfektioniert, was ihm den Beinamen „Fürst der Finsternis“ eintrug. Als Ronald Reagan 1981 die Präsidentschaft übernahm, schlug Perles große Stunde. Als Hardliner genoss er das Vertrauen des damaligen Verteidigungsministers Caspar Weinberger, hintertrieb erfolgreich die Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion zugunsten einer Politik der Stärke und wirkte maßgeblich an der Entwicklung des SDI-Programms der weltraumgestützten Raketenabwehr mit. Zu diesem Zweck erreichte Perle eine neue Auslegung des ABM-Vertrags, der den Plänen entgegenstand. 1987 trat er – aus privaten Gründen, wie es hieß – von seinem Posten im Pentagon zurück. Einfluss übte er nunmehr als Mitglied des konservativen American Enterprise Institute aus. Perle gilt, zusammen mit Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, als Chefdesigner der Außen- und Verteidigungspolitik der Bush-Regierung. Den Irakkrieg hat Perle seit vielen Jahren gefordert. Dass er jetzt seinen Posten aufgeben musste, ist im Vergleich dazu eine Fußnote der Geschichte.

BERND PICKERT