Bloß keine Aktien kaufen

Entwicklung im Irakkrieg produziert schlechte Wirtschaftsnachrichten: Finanzminister Eichel spricht über höheres Defizit, die Regierung muss dementieren, die Wachstumsprognose senken zu wollen, und die Commerzbank warnt vor Aktien

von HANNES KOCH

Je unabsehbarer die Entwicklung des Irakkrieges wird, desto mehr nehmen Warnungen vor seinen möglichen wirtschaftlichen Folgen zu. Die Commerzbank empfahl ihren Anlegern gestern festverzinsliche Anleihen mit einer Laufzeit zwischen zwei und vier Jahren. Der darin versteckte Rat lautet: Kauft in den kommenden Jahren bloß keine Aktien. Die Anlageberater der Bank gehen offenbar davon aus, dass das Wachstum und damit auch die Kursentwicklung der Unternehmenswerte mittelfristig mager ausfallen.

Obwohl niemand Genaues weiß, lautet die Lehre nach neun Tagen Krieg im Irak: Bagdad wird nicht so schnell fallen wie von vielen erhofft. Das drückt die Stimmung von Managern und Wirtschaftspolitikern. In der Folge wird der für die zweite Hälfte 2003 prognostizierte Beginn eines leichten Aufschwungs unwahrscheinlicher.

Die skeptischen Äußerungen kommen inzwischen von mehreren Seiten. „Die hohe Verunsicherung bei Unternehmen und Verbrauchern“, schreibt die Commerzbank in ihrer Analyse, zeige sich im „Rückgang des Ifo-Geschäftsklima-Index für Deutschland, des Geschäftsklimas in Frankreich und des Verbrauchervertrauens in den USA“.

Teilweise untermauert wird diese Einschätzung durch eine Umfrage unter 2.000 Bundesbürgern der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Ergebnis: Überwiegend gehen die Konsumenten davon aus, in naher Zukunft weniger Geld zur Verfügung zu haben. Außerdem befürchten sie eine schlechtere gesamtwirtschaftliche Situation. Doch die Untersuchung fördert kein einheitliches Bild zutage: Erstens wurde sie kurz vor Beginn des Krieges abgeschlossen, bildet also nicht die aktuellen Entwicklungen ab. Zweitens berichtet die GfK über eine zunehmende Bereitschaft, größere Konsuminvestitionen zu tätigen, was die Skepsis relativiert.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) schloss gestern nicht aus, dass Deutschland auch in diesem Jahr das erlaubte Defizit in den öffentlichen Haushalten – 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts – überschreiten könnte. Eichel führte das auf sinkende Steuereinnahmen infolge der schwachen Konjunktur zurück. Das Finanzministerium dementierte jedoch Berichte, denen zufolge die Wachstumsprognose für das laufende Jahr gesenkt werden solle. Noch nimmt die Bundesregierung offiziell einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von einem Prozent in 2003 an. Die meisten Wirtschaftsforscher bezweifeln das.

Die Aktienkurse bewegten sich gestern überwiegend nach unten. In Asien schlossen die Börsen von Hongkong und Tokio im Minus. Auch der deutsche Aktienindex Dax rutschte bis Redaktionsschluss um rund 2 Prozent ab. Er stand knapp über 2.500 Punkten.

Der Ölpreis stieg auf den höchsten Stand seit Kriegsbeginn. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass es Monate dauern wird, bis der Irak seine frühere Fördermenge erreicht haben wird. Ein Barrel der Marke Brent kostete um 27,50 Dollar.