1-Euro-Programm
: Staatliches Versagen

Dem Senat ist in seinem Eifer, die Gesellschaft in gut und böse zu teilen, eine Entwicklung entgangen: Wir leben in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit. Täglich gibt es Berichte über die Schließung ganzer Betriebe, über Massenentlassungen und Stellenstopp in allen Branchen, und die Regierenden pflegen ihr Weltbild, dass wer nicht arbeitet, das wohl nicht will. Das 1-Euro-Programm dient nicht dazu, Menschen für Jobs zu qualifizieren, denn Jobs gibt es nicht. Es ist eine Strafmaßnahme, die suggeriert, Arbeitslose seien Schmarotzer – und legitimiert, ihnen keine Hilfe zum Lebensunterhalt zu zahlen.

Kommentar von ELKE SPANNER

Ihrem Wesen nach ist Sozialhilfe aber kein Almosen, sondern ein gesetzlicher Anspruch auf Lebensunterhalt. Sie muss nach Bedarf zuerkannt werden – eigentlich. Im Gesetz steht nichts davon, dass ein Recht auf Überleben nur noch hat, wer Wohlverhalten an den Tag legt. Darf jemand, der sich nicht für einen Euro die Stunde ausbeuten lassen will, etwa nicht essen und trinken? Braucht die gelernte Ergotherapeutin kein Dach mehr über dem Kopf, weil sie nicht im Park Blätter aufsammeln will?

Der Senat versucht zu suggerieren, es gäbe genug Jobs auch für SozialhilfeempfängerInnen, und verschleiert damit die eigene Politik: Auf dem zweiten Arbeitsmarkt hat er so rigide Stellen gekürzt, dass mutwillig viele Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben wurden. Deshalb hat er das 1-Euro-Programm der Vermittlung in andere Jobs vorgeschaltet. Um Bewerber auszusortieren und dann diesen und nicht dem eigenen Versagen die Verantwortung dafür anzulasten, dass sie auf der Straße sitzen.