Klangkaskaden aus der Nische

Nachwuchskomponistentreffen: Im Atelier für Neue Musik werden reichhaltige Erfahrungen gemacht – gute und schlechte

Die Heterogenität beweist: Die Jungen werden keineswegs auf eine Ästhetik festgelegt

In der Hochschule für Musik war die Kompositionsklasse der Hochschule für Musik und Theater Hannover zu Gast. Solche Konzerte sollten viel mehr öffentliche Wirkung haben: Zugegeben, die zeitgenössische Musik ist sowieso eine Nische, und man könnte sich fragen, wen die ersten Kompositionsversuche von StudentInnen interessieren.

Aber der Austausch der Kompositionsklassen der Musikhochschulen schlägt viele Fliegen mit einer Klappe: Das Publikum kann Erfahrungen mit den ganz Jungen sammeln, die KomponistInnen können am klingenden Ereignis prüfen, ob stimmt, was sie sich gedacht haben: eine elementare Voraussetzung für das Kompositionsstudium.

Jetzt stellten drei Studentinnen und drei Studenten ganz neue Werke vor – und deren stilistische Heterogenität lässt darauf schließen, dass Kompositionsprofessor Johannes Schöllhorn nicht versucht, die jungen KünstlerInnen auf eine bestimmte Ästhetik festzulegen. Dies ist immer wieder ein Problem in jeder künstlerischen Ausbildung. Hier war es so, dass man nahezu beim ersten Ton die Provenienz hören konnte. Chromatisch eingefärbte, schleichende Töne: Das kann nur aus Korea kommen, oder stupend kraftvolle Rhythmen und archaische Klangkaskaden: Das ist Russland mit der Schule eines Prokofjew oder Schostakowitsch.

Mittendrin erklang „Sequenza für Viola solo“ von Luciano Berio, kein Student, sondern Monolith in der Neuen Musik. Die StudentInnen müssen schon aushalten, an welchem Niveau sie sich letztlich zu messen haben, sagt Schöllhorn. Im Programm stand dieses Stück wegen der wirklich phänomenalen Bratscherin Jessica Rona, die stellvertretend für die anderen guten Leistungen dokumentierte, welches Niveau auch auf dem interpretatorischen Gebiet verlangt wird.

Viel mehr oder weniger interessante Stilsuche war also zu hören, am eigenständigsten wirkte ein mitreißendes Stück für vier Schlagzeuger von Benjamin Lang mit dem leider unsäglichen Titel „Sammlung neuromusikalischer Plastinate“. Da sollte er nochmal darüber nachdenken – wie überhaupt die Präsentation eine Reihe von Wünschen offen ließ: keine Nennung, woher die KomponistInnen kommen, keine Textabdrucke, zum Teil falsche Besetzungsangaben. Schade, auch das muss gelernt werden. Ute Schalz-Laurenze

Nächstes Konzert: 12.2., 20 Uhr in der Dechanatstrasse