Aufschwung Ost ist lustiger als Winnetou

Der Berlinale-Film „Befreite Zone“ wurde in seinem Drehort Rüdersdorf gezeigt. Ein neuer Blick auf die Provinz?

Wenn man mit der alten Straßenbahn von Friedrichshagen eine halbe Stunde immer nach Osten fährt, kommt man irgendwann nach Rüdersdorf. Rüdersdorf hat ein Zementwerk und ein paar schöne Seen. Früher wurden hier die DDR-Winnetou Filme mit Gojko Mitic gedreht, und selbst Marlene Dietrich soll es in Rüdersdorf gefallen haben.

Vor einem Jahr drehte dann Norbert Baumgarten hier seinen Film „Befreite Zone“. Am Freitagabend traf sich ganz Rüdersdorf zur Vorstellung des Streifens im Kulturhaus. Viele hatten bei den Dreharbeiten mitgewirkt, ganze Schulklassen waren als Statisten verpflichtet worden. Zwar gab es nur 30 Euro pro Drehtag, aber es hat doch allen Spaß gemacht, denn es war eine schöne Abwechslung. Sonst ist ja nicht so viel los in Rüdersdorf.

Der Film spielt in der fiktiven brandenburgischen Kleinstadt Sässlen. Es ist langweilig, man geht ein bisschen fremd, betrinkt sich und überfällt ab und zu einen Vietnamesen. Bis schließlich ein farbiger Fußballspieler den örtlichen Fußballverein bis ins Pokalfinale schießt. Plötzlich träumen die Menschen vom „Aufschwung Ost“. Am Ende geht das Pokalfinale verloren, der Spieler wird an den FC Bayern verkauft, und der Präsident des Fußballvereins kommt ins Gefängnis. Es folgt der Zwangsabstieg. Aber die Menschen führen ihr Leben weiter und sind, trotz aller Probeme, doch irgendwie glücklich.

Regisseur Norbert Baumgarten ging es darum, einen neuen Blick auf den Osten zu werfen. Neben den gesellschaftlichen Problemen, soll auf satirische Weise vom Alltagsleben in der ostdeutschen Provinz erzählt werden. Baumgarten wurde 1973 im Osten geboren, genau wie Florian Lukas, sein bester Freund, der mittlerweile vor allem durch seine Rolle in „Good bye, Lenin!“ bekannt geworden ist. Vor zehn Jahren haben die beiden sich zufällig kennen gelernt. Jetzt drehten sie mit „Befreite Zone“ ihren ersten gemeinsamen Spielfilm. Für beide war die Arbeit auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft. Der Film soll Anfang 2004 im Rahmen der Reihe „Ostwind“ im ORB und ZDF zu sehen sein und eventuell auch in kleiner Stückzahl in die Kinos kommen.

Die mitspielenden Rüdersdorfer waren begeistert. Endlich interessiert sich jemand für sie. Ein bisschen Abwechslung, ein bisschen Stolz auf Rüdersdorf.

STEFAN WELLGRAF