Nicht unter diesem Namen

Die Regierung der USA sucht einen Alternativstandort für ihre Botschaft in der Hauptstadt. Nach Informationen aus der US-Vertretung passt der Pariser Platz der Bush-Administration nicht mehr

von UWE RADA

Der geplante Neubau der US-Botschaft am Pariser Platz steht möglicherweise vor dem Aus. Dies verlautete aus diplomatischen Kreisen der USA wie auch aus dem Hause von Bausenator Peter Strieder (SPD).

Demnach hätten sich am Wochenende ranghohe Mitarbeiter des Washingtoner State Departement mit dem deutschen US-Botschafter Daniel Coats getroffen. Obwohl über den Inhalt des Gesprächs Vertraulichkeit vereinbart wurde, sickerte durch, dass die US-Vertretung derzeit mit Hochdruck an Alternativlösungen arbeite. Mit dem Neubau der US-Botschaft nach Plänen des Architekten Charles Moore sollte nach jahrelangen Verzögerungen wegen ungeklärter Sicherheitsfragen noch in diesem Jahr begonnen werden.

Für den Regierenden kam die Nachricht vom drohenden Aus gestern völlig überraschend. „Ich werde das so lange nicht kommentieren, bis ich die Entscheidung schwarz auf weiß habe“, sagte Klaus Wowereit der taz.

Auch in der Senatskanzlei, die das Projekt federführend betreut, war man konsterniert. Noch nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte sich Michael Bruch, stellvertretender Leiter der Auslandsabteilung in der Senatskanzlei, zuversichtlich gezeigt, dass sich die Anschläge „nicht auf die Planungen auswirken“.

Den Ausschlag für den Planungsstopp gaben nach Informationen der taz allerdings keine erneuten Sicherheitsbedenken infolge des Irakkriegs, sondern diplomatische Spannungen. Vor wenigen Wochen hatte Frankreich seine Botschaft am Pariser Platz eröffnet. „Die Nummer zwei an einem Platz zu sein, der zudem diesen Namen trägt, dürfte letzten Endes die Entscheidung beeinflusst“ haben, sagte ein Mitarbeiter von Botschafter Coats, der namentlich nicht genannt werden wollte. Sollte dies stimmen, hätte nach John Kornblum bereits der zweite US-Botschafter den Berliner Senat mit dem Neubau vor den Kopf gestoßen. Wurde dem ehemaligen Botschafter der Clinton-Administration noch nachgesagt, er habe sich wegen des allzu forschen Auftretens des damaligen Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen zögerlich gezeigt, haben sich nun die politischen Koordinaten verschoben.

Mit dem Bush-Vertrauten Coats trifft nun ein republikanischer Hardliner auf den Sozialdemokraten und bekennenden Schwulen Klaus Wowereit. „Die Stimmung war zuletzt nicht die beste“, hieß es dazu aus der Senatskanzlei.

Coats hatte in seiner Zeit als Senator für den Staat Indiana von 1989 bis 1999 gegen die Öffnung des Militärs für Homosexuelle gekämpft – ein Vorhaben von Expräsident Clinton, der wegen seiner Affären beinahe des Amtes enthoben wurde.

Was mögliche Alternativen zum Neubau der Botschaft betrifft, arbeitet ein Planungsstab aus dem Weißen Haus zusammen mit der Planungsabteilung der Botschaft an zwei Varianten. Die eine betrifft einen möglichen Neubau in der Nähe der Warschauer Brücke. Hier zumindest dürfte es keine ideologischen Probleme geben, heißt es hinter vorgehaltener Hand in der Senatskanzlei. Die andere, weniger wahrscheinliche Variante wurde gestern aus der Botschaft selbst kolportiert. Wenn der Senat bereit wäre, den Namen des Pariser Platzes zu ändern, könnte man auch mit der französischen Botschaft als Nachbarn leben.

Kein Kommentar, hieß es dazu gestern sowohl aus dem Roten Rathaus als auch aus dem Hause von Bausenator Peter Strieder. Auf Wunsch von Klaus Wowereit wird sich heute allerdings der Senat mit der Angelegenheit beschäftigen.

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