piwik no script img

MITTENDRIN, DOCH NICHT DABEI: DER HISTORIKER GERHARD RITTER

Gerhard Ritter war eine der prägenden Figuren der deutschen Historikerzunft vor und nach 1945. Von stupender Belesenheit und unglaublichem Fleiß, hinterließ er ein riesiges Oeuvre, dessen Themen vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart reichten. Als ehemaliger „Frontkämpfer“ und strammer Nationalist hätte er ein idealer Vertreter der NS-Wissenschaft sein können, wäre er nicht zugleich ein strenger Lutheraner und notorischer Querdenker gewesen. Er wollte zwar immer „dazugehören“, geriet aber ständig zwischen die Stühle. Nur die „altbösen Feinde“ stifteten eine biografische Kontinuität: Frankreich mit seiner Aufklärung, Russland mit seinem Bolschewismus. Daher trugen für Ritter auch nicht die Nazis oder gar die Deutschen die eigentliche Schuld am „Dritten Reich“, sondern die Französische Revolution, das Zeitalter der Massen und der „politische Nihilismus“ der Intellektuellen. Mit viel Geduld und Ironie hat jetzt Christoph Cornelißen diesen einsamen Kampf eines Don Quichotte der Wissenschaft geschildert, der zunächst gegen die Demokratie, dann gegen Hitler und schließlich gegen die „Linken“ kämpfte, daneben aber auch einige interessante Bücher schrieb. Eine lesenswerte Biografie.PETER SCHÖTTLER

Christoph Cornelißen: „Gerhard Ritter“. Droste, Düsseldorf 2002, 50,10 Euro

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen