Lost in Libido

Da lacht Lacan: Patrice Leconte überlässt einem Zufall den Feinschliff des Begehrens. Sex ist in „Confidences trop intimes“ (Wettbewerb) Voyeurismus für die Ohren

Der französische Regisseur Patrice Leconte scheint sich nicht recht entscheiden zu können, wie Liebe aussieht. Also überlässt er in seinem Wettbewerbsfilm „Confidences trop intimes“ den Feinschliff des Begehrens einem absurden Zufall. Weil ihre Ehe in die Krise geraten ist, sucht Anna (Sandrine Bonnaire) die Hilfe eines Psychoanalytikers, irrt sich jedoch in der Tür und landet bei William (Fabrice Luchini), einem Anwalt für Steuerfragen, der gerade Pech mit seiner eigenen Beziehung hat. Da lacht Lacan.

Denn auch am Ende wird niemand wissen, ob das Paar funktioniert. Zu sehr genießt Leconte das, wie er sagt, „Vorspiel“, das mit und zwischen den Blicken seiner Figuren allmählich in Gang kommt. Schon im ersten Moment, da Anna das Büro ihres vermeintlichen Therapeuten betritt, hellt sich das Gesicht des spazierstocksteifen William auf, und man ahnt, dass er es gern hätte, wenn es so bleiben würde. Nicht einmal die unerfüllten Sexfantasien ihres Ehemannes, von denen Anna spricht, scheinen ihn darin zu entmutigen. Mit jeder Beichte weiten sich ihm die Augen mehr, irgendwann wird er abends vor Freude zum Soul von Wilson Pickett wild durch die Wohnung tanzen.

Oder ist Annas zerstörte Beziehung nur ein Vorwand zur Ménage à trois, eine pikante Falle, in die William begehrlich tappt? Wieder und wieder baut Leconte solche komödiantischen Kehrtwendungen ein, so dass Fabrice Luchini mal glasig wie Tony Blair schauen kann, bevor Sandrine Bonnaire seine Zweifel lächelnd mit weiteren Bekenntnissen wettmacht. Ganz ans Sprechen gebunden, ist Sex bei Leconte Voyeurismus für die Ohren. Dass die Andeutungen für William dennoch zur Gewissheit werden, liegt an seiner Fantasie als Betrachter. Wer würde auch Bonnaire widerstehen, selbst wenn sie nur redet? HARALD FRICKE

Heute, 12 und 21 Uhr, Royal Palast