Tödliche Schüsse am Checkpoint

US-Soldaten erschießen Insassen eines Kleinbusses an einem Kontrollpunkt. Mehrzahl der Toten sind Frauen und Kinder. US-Oberkommando will Vorfall untersuchen lassen, sieht zivile Opfer jedoch als unvermeidliche Begleiterscheinung von Kriegen

BAGDAD/BRÜSSEL/GENF afp/dpa/taz ■ Bei zwei neuen tödlichen Zwischenfällen an Kontrollpunkten der US-Armee im Irak sind nach Medienberichten mindestens sieben Frauen und Kinder und ein unbewaffneter Fahrer erschossen worden. Am späten Montagabend beschossen US-Soldaten einen Kleinbus mit Zivilisten in der Nähe der zentralirakischen Stadt Nadschaf und töteten dabei nach unterschiedlichen Angaben zwischen sieben und zehn Frauen und Kinder.

Ein Reporter der Washington Post sprach am Dienstag von zehn Toten, darunter fünf Kindern. Der Kleinbus mit insgesamt 13 Frauen und Kindern habe trotz Warnschüssen nicht gestoppt, sagte ein Militärsprecher. CNN zitierte ihn mit den Worten, die Soldaten hätten sich „absolut richtig“ verhalten. Sie hätten an einen Selbstmordangriff geglaubt. Laut Washington Post reagierten die Soldaten allerdings sehr spät auf den Befehl, Warnschüsse abzugeben. Bei einem Selbstmordangriff hatte ein Iraker am Wochenende vier US-Soldaten getötet.

Bei einem zweiten Zwischenfall sollen nach Berichten der Nachrichtensender CNN und BBC am Dienstagmorgen US-Marinesoldaten das Feuer auf ein Auto bei der Stadt Schatra im Südirak eröffnet haben. Der unbewaffnete Chauffeur sei, weil er nicht gehalten habe, getötet und der Beifahrer verletzt worden.

Das US-Oberkommando drückte allgemein sein Bedauern über den Tod von Zivilisten aus und versprach eine Untersuchung. Die US-Armee bezeichnete jedoch zivile Opfer als unvermeidliche Begleiterscheinung in Kriegen. „Unsere Anstrengungen können zum Tod von Zivilisten führen und sie werden eindeutig zum Tod von irakischen Soldaten führen“, sagte Brigadegeneral Vincent Brooks gestern in Katar.

Die EU-Kommission sprach von einer schrecklichen Tragödie. Es handle sich um einen „schrecklichen und tragischen Zwischenfall“, sagte der Chefsprecher der Behörde gestern in Brüssel. Dabei habe es sich nicht um ein isoliertes Ereignis gehandelt, denn schon zu viele Zivilisten seien seit Kriegsausbruch ums Leben gekommen. Dies zeige auch, dass es – wie ausgefeilt die Technologie auch sein möge – kein Krieg ohne den Tod unschuldiger Opfer bleibe. Eine Einstellung der Kriegshandlungen fordere die Behörde nicht, sagte der Sprecher.

Erstmals seit Kriegsbeginn besuchte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) irakische Kriegsgefangene. In einem Lager in der Nähe von Umm Kasr im Südirak gebe es etwa 3.000 Gefangene. 15 IKRK-Mitarbeiter hätten damit begonnen, die Haftbedingungen zu überprüfen, sagte der Nahost-Beauftragte der Organisation.

Die UNO will möglichst bald Menschenrechtsbeobachter nach Irak entsenden. Dies geschehe, sobald es die Bedingungen erlaubten, sagte ein Sprecher des UN-Menschenrechtskommissariats gestern in Genf. Ihre Aufgabe sei es, sicherzustellen, dass trotz der Krisensituation die „Prinzipien der Verantwortlichkeit und Nichtdiskriminierung“ weiter beachtet würden.Trotz der andauernden Kämpfe, bei denen Zivilisten getötet würden, müsse weiter für die Einhaltung der Menschenrechte in Irak gekämpft werden, sagte der UN-Menschenrechtsbeauftragte für Irak, Andreas Mavrommatis. FSF