Hören und Sehen umkreisen

Den Raum modellieren und Begriffe von „miteinander“ und „aneinander vorbei“ ausmessen: Tänzerin Victoria Hauke und Cellist Uwe Schade erproben beim Kampnagel-Festival feuer + flamme mit „Zwei mal Zwei“ neue Varianten

Wie verschieden ist die Sinnlichkeit der künstlerischen Medien Tanz und Musik, wie tief kann das eine in das andere eintauchen? An der Schnittstelle von Hören und Sehen, von Bewegung und Klangerzeugung entwickelt sich das gemeinsame Stück der Choreografin und Tänzerin Victoria Hauke und des Cellisten Uwe Schade, das sie in ihrer ersten Kooperation mit dem Wortspiel Divers.e umschreiben.

Beim Festival Feuer + Flamme wird es am 4. April in der Kampnagel Music Hall als Work-in-Progress vorgestellt – ein Programm, das sich Hauke und Schade mit der rasanten Rhythmus-Show tap & bass des Stepptänzers Thomas Marek und des Bassisten Kurt Holzkämpfer teilen. In einem teils sichtgetrennten Raum schärfen der Cellist Schade und die Tänzerin Hauke ihre Wahrnehmung füreinander. Mag der einen da das Sehen, dem anderen das Hören vergehen, letztendlich stellt dieses Experiment die konkrete Begegnung in den Mittelpunkt. Die Begegnung zweier Menschen, das Aufeinandertreffen von Mann und Frau. Abwesenheit und Anwesenheit werden hier ebenso thematisch ausgereizt. „Was heißt eigentlich ein Miteinander oder ein Aneinandervorbei?“, fragt sich dabei Victoria Hauke. Vor langer Zeit hat sie bereits aufgehört zu einer Musik zu tanzen. Stattdessen gehe es darum, mit der Musik zu tanzen, sagt sie. Den Raum zu modellieren sei die Aufgabe.

Spielregeln haben sich die beiden gesetzt, aber auch Freiräume gelassen für Phasen der Improvisation. Für die Hamburger Tänzerin ist nach diversen Produktionen mit Musik aus der Konserve, wenn auch eigens für sie komponiert, die direkte Auseinandersetzung mit einem Musiker eine Neuentdeckung. Im vorigen Jahr hatte sie bei feuer + flamme ihr abstraktes, zwischen beweglichen Stellwänden platziertes Tanzstück Pärk vorgestellt.

In interdisziplinären Projekten von Tanz und bildender Kunst siedelte sich bislang ihr Wirkungsbereich an. Uwe Schade hat demgegenüber reichlich Theatererfahrung vorzuweisen. Beim Theater Triebwerk, mit dem er bereits um die halbe Welt tourte, ist er seit 1996 als Musiker, Komponist und Darsteller verpflichtet. Sein Spezialfach Kinder- und Jugendtheater bietet zudem grenzenlose Möglichkeiten für phantastische Tonerzeugung und atmosphärische Klänge. Auf seinem elektronisch verstärkten Cello bewegt er sich in Divers.e durch alle Stile. Hauke und Schade haben vor, ihr erstes musikalisch-tänzerisches Encounter zu einem abendfüllenden Stück auszuweiten. Doch erstmal belassen sie es bei einer Kostprobe im intimen Club-Ambiente. Marga Wolff

Zwei mal zwei: Victoria Hauke/Uwe Schade (Divers.e) und Thomas Marek/Kurt Holzkämper (tap & bass): Fr, 4. + Sa, 5. 4., 21 Uhr, Kampnagel kmh