Zum Einkaufen nach Zubair

Einwohner der südirakischen Stadt Basra berichten Gegensätzliches über die Lage

BERLIN taz ■ Südlich von Basra steht die Schatt-al-Basra-Brücke, die die zweitgröße irakische Stadt mit Zubair verbindet. An dieser Brücke hat die britische Armee einen Kontrollposten eingerichtet. Bewohner Basras, die in Zubair einkaufen und meist nach Hause zurückkehren wollen, werden hier nach Waffen durchsucht – und von Militärs wie „eingebetteten“ Journalisten nach der Lage in der Stadt befragt.

Das Bild, das sich aus solchen Berichten ergibt, wie sie beispielsweise gestern in der Washington Post abgedruckt wurden, zeigt, dass sich ungeachtet der Angriffe auf wichtige Institutionen des Regimes in der Stadt wenig verändert hat. „Die Baath-Partei und die Armee sind noch sehr stark“, wird ein 39-jähriger Mann namens Ali zitiert, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. „Die Leute leben ganz normal. Sie gehen auf den Markt, sie gehen einkaufen, sie gehen ins Krankenhaus, wenn sie krank sind. Nur gibt es hier diesen Kontrollposten.“ Andere Gesprächspartner berichten von Stromausfällen und vom Mangel an Trinkwasser.

Von einem Terrorregime in Basra ist in diesen Berichten nicht die Rede. Allerdings sagen Einwohner der Stadt, dass sich Soldaten und Mitglieder anderer bewaffneter Einheiten in Wohngebieten festgesetzt haben. Und die werden dann angegriffen. „Zwei oder drei sind gestern gestorben. Warum töten sie unsere Kinder? Wir sind unschuldig. Die Kinder haben Angst“, sagt Ali gegenüber der Washington Post.

Demgegenüber berichtet Reuters, Flüchtlinge aus Basra seien unter Druck gesetzt worden, um sich dem Kampf gegen die USA und Großbritannien anzuschließen. „Es sind nicht Lebensmittel, um die wir uns sorgen. Es ist der Terror in Basra, Staatsterror“, sagt ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte. „Die Partei sagt: Kämpft, kämpft, kämpft oder tragt die Konsequenzen.“

Die sehr unterschiedlichen Aussagen mögen mit der Lage in den einzelnen Stadtvierteln zu tun haben, der jeweiligen politischen Haltung der Gesprächspartner oder schlicht mit Angst. Wer nach dem Einkaufen in Zubair nach Basra zu seiner Familie zurückmöchte, wird sich möglicherweise vorsichtiger äußern als jemand, der aus der Stadt flieht.

Britische Militärs berichten gegenüber Korrespondenten vor Ort andere Dinge. Danach schießen fanatische Anhänger Saddam Husseins in Basra und Umgebung gezielt auf Kinder und nutzen sie als menschliche Schutzschilde, wie dpa unter Berufung auf den Sunday Telegraph berichtet. Familien, die aus der Stadt zu fliehen versuchten, seien in Todesgefahr. So habe eine Mutter nach der Flucht berichtet, ihr zwölfjähriger Sohn sei einer von Dutzenden, die niedergeschossen worden seien.

Ein britischer Panzerkommandeur, Sergeant David Baird, erzählte einem Reporter des Sunday Telegraph, er habe gesehen, wie irreguläre irakische Kämpfer kleine Kinder als Schutzschilde missbraucht hätten. Die Iraker hätten vier oder fünf Kinder im Alter zwischen fünf und acht Jahren gepackt und mit ihnen eine Straße in Schussweite britischer Panzer überquert. „Sie haben sie als menschliche Schutzschilde benutzt, sodass ich aufhören musste zu feuern“, sagte Baird. „Es war schrecklich.“

Nach Angaben von CNN kontrollieren die britischen Soldaten inzwischen die westlichen Teile der Stadt. Signalfeuer erleuchtete am frühen Mittwochmorgen den Nachthimmel, möglicherweise Teil der psychologischen Kriegsführung. BEATE SEEL