schülerterror in hildesheim: der gefolterte klagt an
: Hoffentlich null Toleranz für die Täter!

Der Fall des von Klassenkameraden drangsalisierten Schülers zieht Kreise. Das Opfer meldet sich zu Wort – und sagt, sein Lehrer habe ihn nicht geschützt. Ist die Verständnispädagogik nun endlich an ihr Ende gekommen?

Monatelang wurde er gequält – und sogar während dieser Torturen gefilmt. Der Schüler, der an einer Hildesheimer Berufsschule zum Opfer wurde, hat sich nun selbst zu Wort gemeldet und gesagt, dass er an seiner Schule nur unzureichend Schutz fand vor seinen Peinigern. Man sah und hörte weg: Das Opfer war niemand, für den man sich gern ins Zeug legte, denn jene, die ihn folterten, waren an jener Schule Platzhirsche. Solche, die quasi einen rechtsfreien Raum für sich in Anspruch nahmen, sicher vor polizeilichen Nachstellungen.

Immerhin macht die Staatsanwaltschaft den Fall nun zu ihrer Sache. Das heißt hoffentlich, dass die Täter nicht auf Milde, auf sozialpädagogisch vermintes Verständnis hoffen dürfen. Selbst der Hinweis, dass sie selbst Verlierer sind, Sprösslinge von Russlanddeutschen, kaum Aussichten auf eine berufliche Perspektive haben, wird nicht fruchten. Denn im Strafgesetzbuch steht ja nicht, dass sadistische Gewalt gegen Schutzlose dann erlaubt ist, wenn fehlende Bereitschaft, ein besseres Leben legal zu erreichen, und eine Einwanderergeschichte zu bilanzieren sind.

Zu sprechen wäre nun über eine Verständnispädagogik, auf die man sich in sozialarbeiterischen Kreisen routiniert beruft, wenn es um Taten von Kindern und Jugendlichen mit migrantischer Herkunft geht. Alles scheint verziehen zu werden, wenn die Täter nur angeben, Opfer von Rassismus zu sein. Da wird stillschweigend respektiert, wenn Jugendliche keine Lust haben, in der Schule das Beste aus sich herauszuholen.

Mit einer solchen Haltung macht man Täter – wie die Hildesheimer – zum Objekt pädagogischer Fantasien: Ach, die Jungs haben’s auch schwer. Hätte die Energie – wie die kriminelle der Hildesheimer Täter – nicht ebensogut in schulische Mühe münden können?

Dass sie das sollte, das klar auszusprechen wäre Aufgabe von sozialarbeiterischen Mühen. Der Rest sollte der Polizei überlassen werden. So gesehen würden auch endlich jene Jugendliche geschützt werden, die trotz schlechter (also hauptsächlich familiärer) Startbedingungen und womöglich obendrein migrantischem Hintergrund gesellschaftlichen Aufstieg schaffen wollen.

Diese Form von Schutz gilt im Übrigen auch für Musliminnen. Vielen von ihnen ist die Debatte um das Kopftuch zu tolerant: Eine laxe Haltung diesem Symbol von Frauenzurechtweisung gegenüber missachtet den Wunsch von vielen Mädchen und Frauen aus säkular-muslimischen Familien, auf ebendieses Stigma verzichten zu wollen.

Sozialarbeit darf die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen nicht bagatellisieren und ihre Taten mit dem Flair von lässlichen Sünden versehen. Das erwarten schon jene, die Gewalt ablehnen und die Bundesrepublik dieses Konsenses wegen gerade schätzen. Wer – wie in Hildesheim – Gewalt ausübte, konnte auf Milde spekulieren. Falsch. Härte ist angebracht. Eine andere Sprache verstehen Kriminelle dieser Sorte nicht. JAN FEDDERSEN