Chinas Regierung bereut Black-out bei SARS

Minister gesteht Fehler im Umgang mit SARS ein, doch die Absage von Chinareisen solle rückgängig gemacht werden

PEKING taz ■ Weltmächte leisten selten Abbitte. Insofern war die als von „besonderer Natur“ angekündigte Pressekonferenz des chinesischen Gesundheitsministers Zhang Wenkang gestern in Peking in der Tat ungewöhnlich. Erstmals bezog hier ein chinesischer Minister Stellung zur weltweiten Ausbreitung der aus China stammenden, untypischen Lungenentzündung SARS. Die Journalisten waren in Rage, weil sie trotz international fortschreitender Verbreitung der in bisher 80 Fällen tödlichen Krankheit in Peking nur auf Schweigen gestoßen waren. Nun wollte der Minister („Ich bin selbst Arzt“) es wieder gutmachen.

Schon auf die erste Frage – warum die Krankheit schon im November erstmals festgestellt worden sei und es bisher keine Regierungsinformationen gegeben hätte – lenkte Zhang ein: „Es ist richtig, dass die ersten Fälle schon vier Monate alt sind. Aber SARS war etwas ganz Neues, und wir haben das Problem am Anfang wirklich nicht erkannt.“ Wann hatte man einen Pekinger Minister je von seiner Unkenntnis reden hören?

Mühsam, Schritt für Schritt, versuchte Zhang den Ablauf der für die Welt so unverständlichen Ereignisse in China zu rekonstruieren. „Nur langsam lernten wir, wie die Patienten zu behandeln waren. Da uns SARS als epidemische Krankheit nicht bekannt war, mussten wir ein neues Informationssystem entwickeln.“ Zhang wies darauf hin, dass die lokalen Medien in der hauptsächlich betroffenen südlichen Provinz Guangdong im Februar durchaus über SARS berichtet hätten. „Mitte Februar informierten wir das ganze Land und entschieden, einmal im Monat über den Fortgang zu berichten.“ Wie falsch die Entscheidung war, weiß inzwischen auch der Minister. Gestern verwies er darauf, dass seine Regierung nun täglich der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichte.

Die WHO hatte Pekings Verhalten immer stärker kritisiert. Ihre Experten führten zwar schon seit Wochen Gespräche in der Hauptstadt, durften jedoch nicht in Guangdong selbst nachschauen. Gestern durften fünf WHO-Mitarbeiter nun endlich dorthin. Wird man aber deshalb dem Minister glauben, der behauptete, „Leben, Arbeit und Reisen“ in China seien ohne Gefahr? Er forderte alle, die China-Aufenthalte abgesagt hatten, dies rückgängig zu machen. Doch dafür kam die Abbitte wohl zu spät.

GEORG BLUME