Von wegen tote Dose

Die Zeiten, in denen Getränkedosen einfach so ins Gebüsch geworfen wurden, sind vorbei. Schließlich stecken 25 Cent darin. Müllsammler treffen kaum noch auf das Aluzeug. Doch nicht alle spielen mit

taz ■ Seit Wochen – ach, was Wochen: Seit Monaten schon steht sie im Zimmer herum, die Dose. Am Boden der Blechbüchse bilden die Cola-Reste wahrscheinlich schon einen prima Nährboden für bisher unentdeckte Lebensformen, die dann irgendwann herauskriechen und im Chor singen: „Du Trottel hast Dir am Kiosk eine Dose andrehen lassen, 25 Cent Pfand gezahlt und die keinen Bon geben lassen! Und jetzt? Wer gibt Dir das Geld wieder? Hast Du denn noch nie von Dosenpfand gehört?“

Die Lehre aus der Misere mit dem Blech: nie wieder Dose, ab jetzt nur noch Flaschen. Oder warten, bis sich die Einzelhandelsverbände auf ein einheitliches Rücknahmesystem geeinigt haben. Bisher muss man nämlich seinen Dosenmüll – anders als Flaschen – dort wieder abliefern, wo man ihn gekauft hat. Sonst gibt es kein Pfand zurück.

Seit diesem Jahr gilt die „Pfandpflicht auf Einweg-Getränkeverpackungen für kohlensäurehaltige Getränke“. Und die Rechnung von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) geht offenbar auf: Zumindest in Bremer Parkanlagen liegt deutlich weniger herum. „Klar, wenn jemand besoffen ist, dann schmeißt er die Bierdose trotzdem weg“, sagt Reinhard Orlowski vom Quartier-Service im Viertel, zuständig für den Abfall, den die Müllabfuhr liegen lässt. Aber trotzdem: „Wir finden deutlich weniger Dosen.“

Mit einer Ausnahme: „An der Sielwallkreuzung fliegen noch genauso viele rum“, sagt Orlowski. Dort konzentrieren sich die Döner- und Imbissbuden. Dennoch wundert sich Orlowski über die herumfliegenden Alu-Büchsen am Eck. „Die schmeißen doch nicht alle 25 Cent weg!“, dachte er sich. Und machte einen Testkauf. Ergebnis: Er bekam die Dose einfach ohne Pfand.

Schwarze Schafe gibt es aber nicht nur unter den Verkäufern, sondern auch unter den Käufern. „Manche versuchen mich zu überreden, kein Pfand zu nehmen“, erzählt Ruth Küper vom Kiosk an der Bürgerschaft. Und drei von zehn Leuten würden weitergehen, wenn sie erfahren, dass sie Pfand zahlen sollen. Die Budenbesitzerin rechnet, dass sie dadurch die Hälfte ihres Umsatzes einbüßt.

Dabei versucht Küper es ihrer Kundschaft möglichst leicht zu machen und klebt auf die Dosen ein Etikett mit der Kiosk-Adresse drauf. Aber nicht alle schleppen sie dann zu ihr zurück. „Viele schmieren sich die 25 Cent einfach an die Backe.“

Bevor man also seine Coladose einpackt und einen Streit mit dem Kioskbesitzer vom Zaun bricht, dass er gefälligst den Müll zurückzunehmen hat, für den er auch noch Pfand kassiert, aber leider, leider gebe es weder Bon noch Zeugen oder Fotos der Transaktion, landet die Dose also doch wieder im Gebüsch. „Stimmt“, sagt Marcus Ringelhan: „Wenn ich Lust auf dieses Getränk habe, dann kaufe ich auch mal eine Dose und schmeiß‘ sie nachher weg, mir ist das Geld egal.“

Dieses Verhalten kann Jens Cordes vom Kiosk an der Schlachte nur bestätigen: „Bei mir gibt nur etwa ein Viertel der Leute die Dosen zurück.“ Und vor allem die auswärtigen Touristen hätten sich anfangs fürchterlich aufgeregt: „Wenn die aus München kommen, können sie die ja schlecht zurückbringen.“ Cordes zog die Konsequenz und verkauft jetzt nur noch Flaschen. eib
/ yml