Auf der Suche nach Autorität

Stephan Baeck, Trainer von RheinEnergie Cologne, hat Probleme, in die Fußstapfen von Svetislav Pesic zu treten

KÖLN taz ■ Wie grausam das Leben eines Trainers sein kann, weiß Stephan Baeck spätestens seit letztem Sonntag: Der Cheftrainer des Basketball-Bundesligisten RheinEnergie Cologne stand fassungsos an der Seitenlinie. Angewidert schaute sich der 37-Jährige an, wie Bayer Leverkusen seine Mannschaft überrannte und lächerlich machte. Das Schlimmste für Baeck: Seinen Profis machte es offensichtlich nichts aus, zerlegt zu werden – und das im rheinischen Derby, das so wichtig ist für das Prestige einer jeden Kölner Mannschaft.

Als es vorbei war, lautete das Ergebnis 55:81. Baecks Stimme zitterte, als er sagte: „Man kann verlieren, muss aber wenigstens kämpfen.“ Seine Spieler hätten Verrat an ihrem Sport betrieben. Ein wenig erschüttert war wohl auch Henning Harnisch (35), der lange mit Baeck zusammen in der Nationalmannschaft spielte und die Begegnung im Fernsehen sah: „Als ich Stephan nach dem Spiel reden hörte, dachte ich mir: Puh, es ist nicht einfach Trainer zu sein.“ Harnisch studiert heute Filmwissenschaft.

Erst seit Beginn der Saison ist der 135-malige Nationalspieler Baeck Trainer. Als er im vergangenen Sommer den Posten vom jugoslawischen Starcoach Svetislav Pesic, der nach Barcelona ging, antrat, sagte er: „Die Aufgabe, als Headcoach zu fungieren, kommt eigentlich zu früh.“ Doch Pesic selbst hatte Baeck zu seinem Nachfolger erkoren. Da konnte er schwer nein sagen. Und außerdem verfolgt der Kölner ein Ziel: Er will Basketball in seiner Heimatstadt unbedingt wieder so populär machen wie zu den Glanzzeiten von Saturn Köln in den 80er-Jahren. Deshalb wurde er im Jahr 2000, nach Beendigung seiner Profikarriere, Manager beim Regionalligisten Cologne 99er, der vor zwei Jahren die Erstligalizenz vom TV Rhöndorf kaufte.

Mit geschätzten vier Millionen Euro Jahresetat ist RheinEnergie finanziell gut ausgestattet. Nur Alba Berlin hat noch mehr Geld. Die Kölner Mannschaft ist sicher auch keine schlechte: Im Team stehen unter anderem die deutschen Nationalspieler Stephen Arigbabu und Marvin Willoughby sowie der jugoslawische Welt- und Europameister Sasa Obradovic, mit dem Baeck selbst noch bei Alba Berlin zusammenspielte.

Hier liegt auch schon das Problem: Zwar mögen die Profis ihren Trainer, sie haben vor ihm aber nicht den Respekt, den sie vor dem autoritären Pesic hatten, mit dem sie in der letzten Saison, im ersten Bundesligajahr, Vizemeister wurden. Das zeigt sich vor allem in Spielen gegen eher mittelmäßige Gegner, in denen es Baeck regelmäßig misslingt, sein Starensemble zu motivieren. Köln ist zwar momentan Tabellendritter, die Saison ist jedoch ein einziges Auf und Ab: Auf einen 77:66-Sieg gegen Tabellenführer Bonn folgte im Februar eine 73:77-Pleite in Gießen; in Frankfurt gewannen die Kölner 83:70, um sich gleich darauf zu Hause gegen Aufsteiger Ludwigsburg mit 88:95 zu blamieren – und jetzt das Desaster in Leverkusen.

Über die Kölner Boulevardpresse verkündete Spieler Drazan Tomic: „Sicher, es ist für Baeck schwer, in Pesic’ Fußstapfen zu treten. Aber was innerhalb eines Jahres aus uns geworden ist, ist erbärmlich.“ Wird Baeck auf das Autoritätsproblem angesprochen, so reagiert er genervt. „Ich bin nun mal kein Trainer, der an der Linie einen Tanz aufführt“, sagt er und spricht dann oft von seinem Vorgänger Pesic. Er verfolge einen anderen Stil, rechtfertigt er sich.

Den muss Baeck wohl noch entwickeln. Und dazu braucht jeder Trainer Zeit. In Köln hat er einen Vertrag bis zum Saisonende. Am Sonntag spielt RheinEnergie in der Kölnarena gegen Alba Berlin. Gut für Baeck: Gegen den Meister sind seine Profis auch ohne sein Zutun motiviert.

CHRISTIANE MITATSELIS