taz berlinalie Alle Jahre wieder

Spätabends im Delphi

Die Berlinale funktioniert wie Verliebtsein, Fussballfantum oder andere Drogen und ist natürlich viel mehr als die Summe ihrer Filme, ganz wie die Wirkung einer Droge auch nicht in den zu addierenden Bestandteilen ihrer Wirkstoffe besteht. Man geht nicht zu einem bestimmten Film, sondern auf die Berlinale und die Berlinale ist ein Rahmen, der sich festlich um die Filme legt. Sonntagabend zum Beispiel im Delphi, als der zweite Teil von „Infernal Affairs“ gezeigt wurde, die Hongkong-Antwort auf den „Paten“. Im letzten Jahr wurde der erste Teil der Trilogie auf dem Forum aufgeführt. Vor dem Eingang des überfüllten Delphi stand ein eleganter Chinese im schwarzen Anzug, der lächelnd DVDs signierte, die ihm festlich gekleidete Asiaten reichten. Man drängte sich in den Saal, scannte die Umgebung nach Bekannten. Der Prozess des Vergehens der Unruhe im Saal ist die akustische Umsetzung freudiger Erwartung. Der Berlinale-Vorspann wirkte besonders festlich und bis der Film richtig in die Gänge kam, dauerte es auch noch eine Weile. Bei der anschließenden Diskussion antworteten die Regisseure mal ironisch, mal ernsthaft. Als sie fragten, wer den ersten Teil von „Infernal Affairs“ schon gesehen hat, melden sich fast alle, was bemerkenswert ist, da der Film nur auf der Berlinale im letzten Jahr lief. Vielleicht hatte man also vor einem Jahr mit genau denselben Leuten im gleichen Kino gesessen. Ganz seltsam. DETLEF KUHLBRODT