ARMUTSBEKÄMPFUNG: KEIN THEMA ZU ZEITEN DER WIRTSCHAFTSKRISE
: Kluger Plan ohne Folgen

Erinnert sich eigentlich noch jemand an jenen schönen Plan der Bundesregierung, der viele Ideen enthält, wie die Armut weltweit bis 2015 halbiert werden könnte? Der Bundeskanzler schlug ihn auf dem Millenniumsgipfel 2000 in New York vor, das Entwicklungsministerium brachte ihn kurz darauf konkretisiert zu Papier. Seitdem jedoch hat man wenig gehört von Fortschritten bei der Armutsbekämpfung. Die Kirchen mahnen also völlig zu Recht an, die Regierung sollte sich endlich um die Umsetzung ihrer eigenen Pläne kümmern.

Es hat seine Gründe, warum diese sich derzeit kaum zu diesem Thema äußert. Erstens verfolgen die einzelnen Bundesministerien in Berlin das Ziel der Armutsbekämpfung lange nicht so kohärent, wie es der Regierungschef damals in New York so medienwirksam angekündigt hatte. Zweitens ging es der deutschen Wirtschaft vor zweieinhalb Jahren wesentlich besser als heute. Es gab also etwas zu verteilen. Inzwischen hat sich die Lage geändert. Bei 4,7 Millionen Arbeitslosen und einem Wirtschaftswachstum, das quasi bei null liegt, sind Belange wie die der Entwicklungsländer plötzlich gar nicht mehr wichtig.

Grenzen auf für ausländische Dienstleister? Nicht mit den Gewerkschaften, nicht mit dem verbandelten Wirtschaftsministerium. Die haben ja Recht, wenn sie sklavenähnliche Arbeitsverträge für ausgebeutete Arme hier in Deutschland verhindern wollen – doch verbirgt sich dahinter in schlechten Zeiten wie diesen vor allem der Wille, Besitzstand zu wahren. Das geht auf Kosten der Entwicklungsländer. Grenzen auf für Zuckerexporteure aus Brasilien oder Kuba? Nicht mit den europäischen Bauern. Gegen deren Lobby kann auch Ministerin Renate Künast nicht viel ausrichten, auch wenn die anders als ihre Vorgänger durchaus ein Gespür für Entwicklungspolitik hat.

Umso schlimmer, dass der Plan zur Armutsbekämpfung so wenig Beachtung findet. Denn unbewusst hat Gerhard Schröder damit das Problem der Entwicklungshilfe an seiner Wurzel gepackt. Indem Schröder den Plan im Namen der gesamten Regierung vorschlug, machte er deutlich: Die Hilfe für die armen Länder kann nicht länger einem einzelnen kleinen Ressort überlassen werden.

Das Entwicklungsministerium wird nie viel mehr tun können, als seine spärlichen Mittel klecksweise über die Armutsregionen dieser Welt zu verteilen. Viel relevanter sind die Entscheidungen, die im Agrar- und im Wirtschaftsministerium fallen. Dort wird sich künftig entscheiden, ob die Regierung es ernst nimmt mit der Armutsbekämpfung. KATHARINA KOUFEN