Eine Wiese voller Hoffnung

Gestern weihte die Jüdische Gemeinde ihren neuen Friedhof ein. Der Berliner Rabbiner Yitzhak Ehrenberg deutete ihn als Zeichen großer Hoffnung – „denn wo Tod ist, ist auch Leben“

von FELIX ZIMMERMANN

Es ist einer der ungemütlichsten Nachmittage dieses Herbstes, wahrscheinlich der ungemütlichste. Der Regen nimmt an Intensität zu, der Wind bläst kalt, der Rollrasen hat Mühe, die Wassermassen zu halten. Und trotzdem sind sich alle einig: Es ist ein guter Tag für die Jüdische Gemeinde und ein guter Tag für Bremen.

Bürgermeister Jens Böhrnsen sagt das, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Elvira Noa, sagt, es sei ein bewegender Tag, weil der Bau eines Friedhofes genauso viel bedeute wie der Bau einer Synagoge. Und der aus Berlin angereiste Rabbiner Yitzhak Ehrenberg, der Vorsitzender der orthodoxen Rabbinerkonferenz ist, findet den Anlass für seine Reise schlicht „schön“.

Gestern wurde der neue Jüdische Friedhof eingeweiht, am Rande des Städtischen Friedhofes Riedberg. Nach Ansicht eines Gemeindemitglieds ist er „etwas weit weg“, aber, „natürlich“, ein ganz wichtiger Ort. Vor 26 Jahren kam sie mit der Familie aus Kasachstan nach Bremen, ist längst verwurzelt in der Stadt, hat Kinder, Enkel, Urenkel.

Rabbiner Ehrenberg weihte den Friedhof mit den Worten des 101. und 102. Psalms ein, dabei umrundete er einmal das gesamte Gelände, gefolgt von Gemeindemitgliedern sowie Vertretern aus der Politik, darunter der Bürgerschaftspräsident Christian Weber sowie die Abgeordneten Mustafa Öztürk (Grüne) und Hartmut Perschau (CDU). Ehrenberg prägte auf der Wiese, die schon bald Tote beherbergen wird, einen simplen Satz, der zugleich eine hoffnungsvolle Botschaft enthielt: „Ein Friedhof ist ein gutes Zeichen. Denn wo Tote sind, da ist auch Leben.“ Nach allem was war, erscheint es eben längst nicht wie eine Selbstverständlichkeit, dass wieder ein Friedhof benötigt wird für Menschen jüdischen Glaubens. Gerade auch dann nicht, wenn die Einweihung, wie gestern, auf einen 18. November fällt. 1941 wurden an diesem Tag Hunderte Juden aus Bremen und Umgebung am Barkhof zusammengetrieben und nach Minsk deportiert wurden. In den sicheren Tod. Jens Böhrnsen sagt, die Einweihung dokumentiere, „wie selbstverständlich die Jüdische Gemeinde ein Teil der Stadtgemeinschaft ist“.

Vor sieben Jahren hatte die Jüdische Gemeinde begonnen, nach einem Grundstück zu suchen. Der – nun alte – Friedhof in Hastedt existiert seit 1796 und ist mit 1.200 Gräbern belegt, dort ist kein Platz mehr. Sie bleiben bestehen in der Hoffnung auf die Ankunft des Messias und die Auferstehung. Rabbiner Ehrenberg beschrieb in seiner Ansprache den Tod nicht als Ende, sondern „als Brücke in das richtige Leben“. Die Toten werden mit den Füßen in Richtung Jerusalem bestattet, dann seien sie schon gleich auf dem richtigen Weg, wenn der Messias komme, sagte der Rabbiner.

Elvira Noa, die Gemeindevorsitzende, dankte Jens Böhrnsen stellvertretend für die Stadt, die ideell und materiell sehr geholfen habe, um diesen Friedhof zu bauen. Böhrnsen versprach, gemeinsam mit der Gemeinde dafür arbeiten zu wollen, schon sehr bald wieder an diesem Ort zu stehen. Dort fehlt noch eine Trauerkappelle, die als nächstes gebaut werden soll.