Die sieben Zwerge vermehren sich

Immer mehr kleine EU-Staaten machen gegen die Verfassungspläne von Konventspräsident Giscard d‘Estaing mobil

BRÜSSEL taz ■ Endspurt für den Konvent, der in Brüssel Europas neue Verfassung ausarbeiten soll. Höchstens vier Plenarsitzungen wird es noch geben, bevor sich das Gremium aus 105 Delegierten Ende Juni für einen Entwurf entscheiden muss. Beim EU-Gipfel Mitte des Monats in Athen wird sich der Vorsitzende Giscard d’Estaing den Fragen der Regierungschefs stellen – unklar ist bislang aber noch, ob auch die Kandidatenländer an der Runde teilnehmen werden. Falls ja, könnten einige seiner Lieblingsideen, aber auch große Teile des deutsch-französischen Verfassungsentwurfes vom Tisch gefegt werden.

Denn der Protest der kleinen Länder gegen Kernpunkte der Reform, der zu Wochenbeginn mit einem Minigipfel von sieben Regierungen öffentlich wurde, wächst sich zu einer Massenbewegung aus. Gestern präsentierten sechzehn Konventsvertreter kleiner Länder ein Papier, in dem sie fordern, dass der EU-Vorsitz auch künftig alle sechs Monate wechseln soll.

Probleme habe es in der Vergangenheit nicht mit dieser politischen Rotation gegeben, sondern mit dem Verwaltungsapparat des Rates in Brüssel, betonte der portugiesische Regierungsvertreter im Konvent, Manuel Lobo Antunes. Dieses Ratsmanagement müsse verbessert werden. Kontinuität wollen die kleinen Länder dadurch herstellen, dass der Generalsekretär und außenpolitische Vertreter des Rates künftig gleichzeitig bei Rat und Kommission angesiedelt ist.

Die Idee eines europäischen Außenministers, der „zwei Hüte auf hat“, unterstützen also auch sie. Aber an dem Prinzip, dass jedes Land einen Kommissar nach Brüssel schicken darf, soll nicht gerüttelt werden. Für Ordnung in dem demnächst 25-köpfigen Gremium soll ein starker Kommissionschef sorgen, der vom Parlament gewählt und vom Rat bestätigt werden muss.

Neben den 16 Unterzeichnern fühlen sich auch Griechenland, die Benelux-Staaten und Rumänien zu der Idee hingezogen, dass alles im Wesentlichen bleiben soll, wie es jetzt ist. Schließlich, so betonte der slowenische Delegierte Dimitrij Rupel, hätten gerade 89 Prozent seiner Landsleute dafür gestimmt, genau dieser Europäischen Union beizutreten – und nicht den Vereinigten Staaten von Europa.

Giscard d’Estaing, der schon angesichts europäischer Hilflosigkeit im Irakkonflikt von Schwermut befallen schien, muss nun um sein gesamtes Reformprojekt fürchten. In den vergangenen Wochen hatte der Medienzirkus um die neuen Delegierten Joschka Fischer und Dominique de Villepin manchen vergessen lassen, dass die Zwerge zahlenmäßig den großen Ländern weit überlegen sind.

DANIELA WEINGÄRTNER