China vor der nächsten Kulturrevolution

Regierung plant die weitgehende Öffnung des größten Fernsehmarktes der Welt für ausländisches Kapital

BERLIN taz ■ Die Volksrepublik China will ihren Film- und Fernsehmarkt für internationale Investoren öffnen. Erstmals wären dann Joint Ventures von chinesischen mit ausländischen Unternehmen möglich, berichtet die Financial Times aus Peking. Bisher ist eine direkte Beteiligung nichtchinesischer Investoren an Sendern und Produktionsfirmen verboten.

Zhu Hong, Funktionär der Staatsverwaltung für Radio, Film und Fernsehen, sprach in der FT von einer „weitgehenden Liberalisierung“ der Branche, nannte aber keinen konkreten Zeitplan. Außerdem soll parallel das staatlichen Fernsehen China Central Television (CCTV) umstrukturiert werden. CCTV strahlt derzeit elf TV-Programme aus, darunter das international über Satellit verbreitete englischsprachige CCTV 9. Die CCTV-Kanäle erreichen nach eigenen Angaben zusammen rund 87 Prozent der chinesischen Bevölkerung und werden täglich von rund einer Milliarde Menschen eingeschaltet. 2003 machte die vom Staat finanzierte Anstalt rund 760 Millionen Euro Gewinn. Neben CCTV sind noch über 30 staatliche Regionalkanäle und über 3.000 lokale TV-Stationen auf Sendung.

Laut FT werde noch in diesem Jahr zunächst der CCTV-eigene Sportkanal aus der staatlichen Anstalt ausgegliedert. Danach soll umgehend der TV-Produktionsbereich folgen. Bisher produziert CCTV über zwei Drittel seines Programms selbst. Fernsehen als Freizeitbeschäftigung ist vor allem in der chinesischen Mittelschicht populär, doch das von CCTV produzierte Programm wird oft als hausbacken und unattraktiv empfunden.

Durch die Ausgründungen, so die Planungen, werde in China eine eigenständige TV-Produktionsbranche entstehen. Auch an diesen Unternehmen dürfen sich laut Plänen der Rundfunk-Staatsverwaltung ausländische Firmen beteiligen – allerdings nur als Minderheitsgesellschafter. Auch der Gang an die internationalen Börsen wäre für diese Unternehmen später möglich.

Der Pay-TV-Sektor soll ebenfalls mit Hilfe ausländischer Investoren ausgebaut werden. Bisher dominiert Rupert Murdochs Star TV mit Sitz in Hongkong den asiatischen Markt. Um seinen Einfluss in China nicht zu gefährden, hatte Murdochs Buchverlag Harper Collins vor einigen Jahren die Biografie des letzten britischen Gouverneurs in Hongkong, Chris Patten, zurückgezogen.

Künftige internationale Miteigentümer werden allerdings nicht verhindern können, dass chinesische Sender auch in Zukunft den politischen Vorgaben der regierenden Kommunistischen Partei folgen müssen. Auch wenn der Nachrichtenkanal CCTV 1 im Irakkrieg im vergangenen Jahr ganz offiziell erstmals frei von direkter politischer Zensur berichten konnte, sagte Zhu Hong der FT: „Wir müssen die Kontrolle der Partei über die Medien aufrechterhalten und bestehen darauf, die öffentliche Meinung weiterhin korrekt zu lenken“, so Zhu Hong.

STEFFEN GRIMBERG