Lobby macht schlechtes Klima

Die Industrie und deren Interessenverbände protestieren gegen den Entwurf von Bundesumweltminister Jürgen Trittin für den Emissionshandel. Konzerne fühlen sich gegängelt

„Wir sollten beim Handel mit Emissionen in Deutschland nicht päpstlicher sein als der Papst“

VON ELMAR KOK

Die Reihen gegenüber Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) schließen sich im Energieland Nummer Eins. Unisono protestieren das Wirtschafts- mit dem Energieministerium zusammen mit der Energiewirtschaft und den stahlverarbeitenden Betrieben gegen den Entwurf zum Emissionshandel des Umweltministers.

Bernhard Hillebrand, Sprecher des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, bringt die Kritik der Unternehmer auf den Punkt: „Wir sollten beim Handel mit Emissionen in Deutschland nicht päpstlicher sein als der Papst.“ Daher dürften die Rahmenbedingungen, die die Bundesregierung der EU bis Ende März vorgelegen muss, nicht zu eng gesteckt werden. Hillebrand mahnt das Beispiel Schweden an. Die hätten der EU mit dem Hinweis auf ihren Ausstieg aus der Atomenergie weniger strenge Kriterien zu Kohlendioxid (CO2)-Emissionen abgetrotzt. Trotzdem sei es richtig, dass das Ministerium einen Entwurf vorgelegt habe, mit dem deutlich werde, was es sich vorstelle, allerdings: „Mit dem jetzigen Entwurf wird Deutschland zur Käufernation“, sagt Hillebrand.

Trittins Entwurf sieht eine jährliche Reduzierung der CO2-Emmissionen um 1,5 Prozent vor. Der Emissionshandel soll Anfang des nächsten Jahres testweise EU-weit beginnen. Für das, was die Unternehmen an Emissionen einsparen, bekommen sie vom Bund Zertifikate, die als sogenannte „Verschmutzungsrechte“ verkauft werden.

Mit dem Entwurf verletze Trittin das Versprechen, der Wirtschaft keine weiteren Belastungen zuzumuten, sowie den Bau moderner Kohlekraftwerke zu sichern, beschwert sich der Energiekonzern RWE. „Dieses Vorgehen ist für die RWE nicht hinnehmbar“, sagt Gert Maichel, Vorstandsmitglied der RWE AG. Die gleichen Vorwürfe erhebt das Energieministerium in NRW. Mit den Vorschlägen von Jürgen Trittin würden Kraftwerke aus dem europäischen Kraftwerkserneuerungsprogramm benachteiligt, sagt Lothar Wittenberg, Sprecher des Ministeriums. Die vorgesehene Belastung führe dazu, dass es Probleme bei der Errichtung des Steinkohlereferenzkraftwerkes gebe, sagt Wittenberg. Dabei erreiche das geplante Kraftwerk einen Wirkungsgrad von 48 Prozent. Im Vergleich dazu erreichten chinesische Kraftwerken nur 22 Prozent, sagt er. Auch dass die Stahlindustrie wie versprochen entlastet werde, stimme nicht, sagt er. „Die Entlastungen beziehen sich nur auf die Verbrennungen, nicht aber auf das CO2, das bei der Chemie anfällt“, sagt Wittenberg.

Wohin es gehen soll, macht das Papier, das der RWE veröffentlicht hat, deutlich. Eine Liste mit sieben Eckpunkten umreißt die Forderungen der Industrie. Auf Platz eins: Sichere und langfristig gültige Investitiionsbedingungen. Platz sechs und sieben belegen die Forderungen nach der Erhaltung von Arbeitsplätzen und das „Erreichen der klimapolitischen Ziele.“